Ziel des Teilhabechancengesetzes ist es, neben der Integration langzeitarbeitsloser Leistungsbeziehender in den Arbeitsmarkt auch deren sozialen Teilhabe durch eine geförderte Beschäftigung zu verbessern. Qualitative Interviews mit Geförderten zeigen, dass dies von verschiedenen Faktoren abhängt und sich von Fall zu Fall sehr unterschiedlich gestaltet.

Erwerbsarbeit erfüllt laut Marie Jahoda elementare psychosoziale Bedürfnisse und gilt als eine Grundvoraussetzung zur Teilhabe an anderen Gesellschafts- und Lebensbereichen. Teilhabechancen sind, angelehnt an das Konzept der Verwirklichungschancen von Amartya Sen, die Handlungsmöglichkeiten, über die einer Person verfügt, um ihr Leben nach den eigenen Wünschen zu gestalten.

Mit Langzeitarbeitslosigkeit können ernsthafte Probleme einhergehen, darunter knappe finanzielle Ressourcen, psychosoziale und physische Erkrankungen sowie eingeschränkte Lebenszufriedenheit. Viele Betroffene sehen ihre Teilhabechancen dadurch stark eingeschränkt oder fühlen sich sogar ausgeschlossen (lesen Sie hierzu auch den IAB-Kurzbericht 2/2022 von Stefanie Gundert und Laura Pohlan). Eine im Rahmen des Teilhabechancengesetzes geförderte Beschäftigung soll daher nicht nur die Arbeitsmarktchancen der Geförderten, sondern auch deren gesellschaftliche Teilhabe verbessern.

Kern des 2019 eingeführten Teilhabechancengesetzes sind die Förderinstrumente „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“, kurz EvL (§ 16e SGB II), und „Teilhabe am Arbeitsmarkt“, kurz TaAM (§ 16i SGB II). EvL richtet sich an „arbeitsmarktferne“ erwerbsfähige Leistungsbeziehende, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind, und zielt vorrangig auf ihre langfristige Arbeitsmarktintegration nach zwei Förderjahren ab.

TaAM hingegen richtet sich an „besonders arbeitsmarktferne“ Langzeitarbeitslose, die in den letzten sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang Arbeitslosengeld II bezogen haben und nur kurzzeitig erwerbstätig waren. Bei TaAM sollen die Teilhabechancen der Geförderten durch die geförderte Beschäftigung selbst verbessert werden, die bis zu fünf Jahre dauern kann.

Neben der Dauer der Förderung unterscheiden sich die Instrumente auch in der Höhe der Lohnkostenzuschüsse für die einstellenden Betriebe. Beide Instrumente beinhalten ein Coaching in Form einer ganzheitlich beschäftigungsbegleitenden Betreuung. Die Geförderten erhalten den gesetzlichen Mindestlohn oder den entsprechenden Tariflohn.

Auf der Basis von qualitativen Erst- und Folgeinterviews mit 33 Geförderten wird nachfolgend skizziert, wie sich zentrale Dimensionen von sozialer Teilhabe während der geförderten Beschäftigung entwickelt haben. „Teilhabe“ wird hier als Prozess verstanden. Dafür wurden retrospektiv Phasen der Langzeitarbeitslosigkeit vor Aufnahme der geförderten Beschäftigung sowie die Zeit während und teils nach dem Ende der Beschäftigung verglichen. Herausgearbeitet wurden Veränderungen in den Feldern Erwerbsteilhabe, materielle Teilhabe und Lebensstandard, soziale Kontakte und Aktivitäten, Lebenszufriedenheit und Gesundheit sowie Selbstwirksamkeit. Diese Felder sind stark miteinander verwoben.

Erwerbsteilhabe

Bei den meisten Interviewten ging der geförderten Beschäftigung eine längere Phase der Arbeitslosigkeit voraus, die allenfalls durch Fördermaßnahmen oder kurze Zeiten prekärer Beschäftigung unterbrochen war. Einige Interviewte waren vorher bereits bei demselben Betrieb beschäftigt, beispielsweise über eine vorhergehende Maßnahme wie das Bundesprogramm „Soziale Teilhabe“.

Vor Eintritt in den (späteren) Förderbetrieb hatten fast alle Interviewte das ausgeprägte Bedürfnis, wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, jedoch trotz meist großer Bemühungen mit wenig Erfolg. Dabei könnte die hohe Arbeitsmotivation der Geförderten für die Jobcenter ein relevantes Auswahlkriterium sein.

Bei den Interviewten mit der größten Arbeitsmotivation herrschte auch die größte Frustration, dieses wichtige Lebensziel nicht zu erreichen, wie Herr Krause (TaAM) (alle Namen wurden geändert) beschrieb: „Wenn man jahrelang nur zuhause sitzt und solche „Scheißbewerbungen“ schreibt, bei denen ohnehin nichts rauskommt.“ Frau Hoffmann (TaAM) quälten in dieser Zeit sogar Existenzfragen: „Ich habe mich manchmal ein bisschen fehl am Platz gefühlt. […] Du bist zu nichts nutze. Warum bist du jetzt eigentlich da? Was ist jetzt eigentlich der Sinn deines Lebens?“

Viele litten unter dem Status der Langzeitarbeitslosigkeit und fühlten sich der (arbeitenden) Gesellschaft nicht mehr zugehörig: „Also, wenn ich arbeitslos bin, fühle ich mich von der Gesellschaft ausgeschlossen, ausgegrenzt“, sagte Herr Krause. Dieses Gefühl wurde in einigen Fällen durch als verständnislos beschriebene Vermittlungsfachkräfte im Jobcenter noch verstärkt.

Durch die geförderte Beschäftigung erhielten alle Interviewten (wieder) eine klare Zeitstruktur, was für viele wichtig war. Herr Krause nannte die Beschäftigung „einen Grund […], morgens aufzustehen“. Viele hatten wieder das Gefühl, einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen oder erlebten dies zum ersten Mal in ihrem Leben. Herr Schuster (TaAM) erfuhr außerdem Anerkennung für seine Arbeit: „Das ist natürlich ein schönes Gefühl, jeden Tag aufzustehen und irgendwo hinzugehen und da gebraucht zu werden – wo sich die Leute auf einen verlassen.“

Die überwiegende Mehrheit der Geförderten sah die geförderte Beschäftigung trotz des Lohnkostenzuschusses als „richtige“ Erwerbsarbeit an und vollzog damit auch mental einen Statuswechsel von „arbeitslos“ zu „erwerbstätig“.

Nur in Einzelfällen wurde das Zugehörigkeitsgefühl durch die Förderung getrübt. Frau Kowalczyk empfand es als unfair, dass der Betrieb weniger für sie zahlte als für ihre Kolleginnen: „Manchmal fühlt es sich so – wie heißt das – so als Außenseiter. […] Weil zum Beispiel, du machst [die] gleiche Arbeit, aber du bist trotzdem nicht [wie] alle andere[n].“

Die meisten Interviewten fühlten sich nun – trotz der Förderung und teilweise anhaltendem zusätzlichem Leistungsbezug – vom Jobcenter unabhängig, wie Herr Krause feststellte: „Ich bin ein bisschen stolz, dass ich mein Geld verdiene.“ Die größte Erleichterung bestand für viele darin, keinen Verpflichtungen etwa aus der Eingliederungsvereinbarung mehr nachkommen und beispielsweise keine Bewerbungen mehr schreiben zu müssen.

Ein Teil der EvL-Geförderten wurde nach Förderende vom Betrieb übernommen. Andere (EvL und TaAM) fanden nach regulärer oder vorzeitiger Beendigung der geförderten Beschäftigung eine ungeförderte Stelle in einem anderen Betrieb. In diesen Fällen überdauerte die Erwerbsteilhabe die Förderung, teils mit kurzer Unterbrechung. Andere Geförderte wiederum waren danach wieder arbeitslos. In allen anderen Fällen, in denen die Förderung noch lief – nach einem Abbruch wurde diese teilweise in einem zweiten Förderbetrieb fortgesetzt – blieb dies noch offen.

Materielle Teilhabe und Lebensstandard

Ein Teil der Interviewten lebte vor der geförderten Beschäftigung im Leistungsbezug am Existenzminimum. Einige waren stark verschuldet und mussten manchmal Bekannte um Hilfe bitten, etwa wenn der Kühlschrank schon Mitte des Monats leer war. Vor allem bei Kindern im Haushalt schien das Geld nie auszureichen.

Frau Schulze (EvL) musste als Alleinerziehende „jeden Cent doppelt und dreifach umdrehen“. Einige der alleinerziehenden Eltern hatten kein eigenes Schlafzimmer. Frau Hamadou (TaAM) unterstützte neben ihren zwei Kindern im Teenageralter in Deutschland auch eine erwachsene Tochter und andere Angehörige in ihrem Heimatland finanziell.

Der andere Teil der Geförderten, vor allem Alleinstehende, kam mit der Grundsicherung besser zurecht. Manche, wie Frau Pfeiffer (TaAM), konnten sich sogar ein Auto leisten. Sie erklärte dies mit ihrer günstigen Miete und bescheidenen Ansprüchen: „Ich habe mit meinem Einkommen ein Auskommen.“ Fast alle Interviewten berichteten jedoch zumindest von kleineren finanziellen Einschränkungen. Viele beklagten, wie Herr Janssen (TaAM), kein Geld für größere Anschaffungen oder Reparaturen zurücklegen zu können: „Man hat eigentlich nie Sicherheit. […] Ja, etwas beiseitelegen oder was sparen können konnte man eigentlich auch nie.“

Mit der geförderten Beschäftigung verbesserte sich die finanzielle Situation aller Interviewten. Dies beschrieben auch diejenigen, die weiterhin Sozialleistungen wie Wohngeld bezogen, als große Erleichterung. Für manche bedeutete dies lediglich, dass ihr Geld bis zum Ende des Monats reichte.

Herr Nowak (TaAM) erzählte außerdem, dass er wieder selbst für seine Miete aufkam: „Es reicht mit Essen, Trinken und allem hin, und wir können locker unsere Miete zahlen, weil, die zahle ich ja dann jetzt selber“. Er und weitere Geförderte konnten ihre Schulden weiter abbezahlen. Andere konnten sogar Geld für einen lang ersehnten Urlaub oder einen neuen Computer sparen, wieder andere Reparaturen am Eigenheim vornehmen.

Sonst blieben die meisten bescheiden und gönnten sich „besseres“ Essen, einen Restaurantbesuch oder ein neues Kleidungsstück. Manche wagten eine Urlaubsreise, für einige die erste im Leben. Dies wurde allerdings durch das Pandemiegeschehen teils erschwert. Nur ein Geförderter kaufte sich ein Auto, ein weiterer zog in eine größere Wohnung um. Beide hatten sich vorher bei ihren Vorgesetzen abgesichert, dass ihre TaAM-Förderung weiterlief.

Durch die geförderte Beschäftigung erhielten die Interviewten zumindest kurzzeitig ein stabiles Einkommen und ein Gefühl von Sicherheit. Dieses Gefühl verfestigte sich bei einer Übernahme in ein ungefördertes Beschäftigungsverhältnis oder guten Übernahmeaussichten.

Bei einigen, wie Herrn Pietsch (TaAM), dessen Jahresvertrag bei einem Veranstaltungsbetrieb pandemiebedingt nicht verlängert wurde, war diese Phase der Stabilität nur von kurzer Dauer. So ging es auch anderen, die nach Förderende wieder arbeitslos wurden. Die Interviewten, deren Übernahmeperspektive noch ungewiss war, trauten sich finanziell keine großen Sprünge zu, da sie Angst davor hatten, nach Vertrags- oder Förderende wieder auf Sozialleistungen angewiesen zu sein.

Soziale Kontakte und Aktivitäten

Eine Gruppe der Geförderten war auch während der längeren Phase der Arbeitslosigkeit sozial gut integriert und pflegte viele familiäre oder freundschaftliche Kontakte. Wenige engagierten sich ehrenamtlich in einem sozialen Projekt oder einem Verein. Demgegenüber litten vor allem Alleinstehende, aber auch Alleinerziehende, während der Arbeitslosigkeit unter starker Vereinsamung.

Herr Ahrens (EvL) beschrieb seinen sozialen Rückzug als einen Prozess: „Man hat natürlich dann auch irgendwo eingeschränkt und die Kontakte brachen irgendwo dann auch weg. […] Wenn die Leute immer mehr mitkriegen, der kommt nicht […] mehr mit. […] Dann rufen die auch gar nicht mehr an irgendwann.“

Die angesprochenen finanziellen Einschränkungen führten bei vielen dazu, dass sie weniger sozialen Aktivitäten nachgingen. Vor allem jüngere Männer pflegten Kontakte nur online, über Computerspiele. Manche lebten bei ihren Eltern, bisweilen mit Pflege- oder Unterstützungsaufgaben.

Durch die geförderte Beschäftigung hatten alle Geförderte neue soziale Kontakte am Arbeitsplatz. Frau Wilke (TaAM) begrüßte es sehr, dass sie dadurch „wieder unter Menschen“ kam. Auch Frau Kowalczyk fühlte sich dadurch weniger sozial isoliert: „Und ich bin nicht so – Wie heißt das? – ausgeschlossen.“ Zum Teil ergaben sich aus der Arbeit heraus auch private Freundschaften.

Durch die finanzielle Verbesserung gingen einige Geförderte wieder verstärkt mit Bekannten aus oder lernten neue Menschen kennen. Herr Ahrens leistete sich eine Karte fürs Fußballstadion, was ihn wieder mit alten Bekannten verband. Frau Böhm (EvL) und Frau Schneider (TaAM), beide alleinerziehende Mütter, fanden in der Zeit der geförderten Beschäftigung einen neuen Lebenspartner, in einem Fall sogar am Arbeitsplatz.

Durch die Beschäftigung hatten manche Geförderte weniger Zeit als zuvor für Familie, Freundschaften, soziale Aktivitäten oder Hobbys. In den meisten Fällen wurden diese mit der Erwerbsarbeit verbundene Einschränkung („Sozialstress“) positiv bewertet. Frau Bennani bedauerte jedoch beispielsweise, nur noch wenig Zeit für ihre Enkelkinder und ihr Ehrenamt zu haben.

Bei anderen Geförderten beschränkten sich die neuen sozialen Kontakte nur auf den Arbeitsplatz. Auch wenn sie mehr Geld zur Verfügung hatten, gingen sie nicht häufiger aus und erweiterten ihr soziales Netz kaum. So verbrachte Herr Gomez (EvL) seine Freizeit weiterhin nur mit Computerspielen. Frau Pfeiffer blieb privat ebenfalls einsam: „Was nützt mir das, wenn ich Geld habe, was soll ich denn damit machen? In Urlaub fahren oder was? Ich fahre alleine nicht in den Urlaub.“

Auch in sozialer Hinsicht zeigte sich, dass Teilhabechancen nach Förder- oder Beschäftigungsende wieder schwanden, wenn sich keine Anschlussbeschäftigung fand. Mit der erneuten Arbeitslosigkeit zogen sich viele dieser Geförderten wieder zurück. Dies wurde zusätzlich durch die sozialen Einschränkungen während der Pandemie verstärkt. Bei Frau Pfeiffer brach der ohnehin schon fragile Kontakt zu ihren Kindern und Enkelkindern nach dem Förderende und Wiedereintritt in die Arbeitslosigkeit völlig ab.

Gesundheit und Lebenszufriedenheit

Bei mehr als der Hälfte der Interviewten lagen vor der geförderten Beschäftigung psychische oder physische Erkrankungen oder Einschränkungen vor, in wenigen Fällen in Kombination mit einer Schwerbehinderung. Teilweise kamen die Geförderten deshalb für bestimmte Arbeiten nicht infrage.

Psychische Probleme waren teils auf schwierige Familienverhältnisse oder Beziehungen, persönliche Krisen und Schicksalsschläge zurückzuführen. In einigen Fällen resultierten sie auch aus Überarbeitung oder Burn-outs in früheren Arbeitsverhältnissen oder waren eine Reaktion auf die Langzeitarbeitslosigkeit und die damit verbundene soziale Isolation.

Herr Schuster (TaAM) schilderte eine Extremsituation, als er nach einer Trennung auch noch seine prekäre Arbeitsstelle verlor: „Da bin ich so tief gefallen, dass ich halt wirklich mit starken Depressionen gekämpft habe. Wirklich ein paar Mal davor stand und echt dastand und dachte, ich schmeiße alles hin. Stand schon auf Brücken, war am überlegen, wirklich zu springen.“ Er überwand diese Phase dank seines engen Freundeskreises.

Andere Interviewte hielten familiären und freundschaftlichen Rückhalt ebenfalls für essenziell. Auch Geförderte ohne psychische Erkrankungen berichteten fast ausnahmslos, dass ihre Lebenszufriedenheit in dieser Zeit stark gesunken war.

Diejenigen, die zufrieden mit ihrem geförderten Arbeitsverhältnis waren, beschrieben, sie seien regelrecht „aufgeblüht“. Frau Hoffmann (TaAM) bekam diese Rückmeldung auch im Freundeskreis: „Also das Feedback habe ich auch schon gekriegt, dass ich anders geworden bin, dass ich so ein bisschen – ich will jetzt mal fast sagen – mehr Lebensfreude gekriegt habe.“

Viele wurden ausgeglichener und optimistischer. Frau Lang (TaAM), die unzufrieden war, als sie nur zu Hause mit den Kindern saß, schilderte, wie sich ihre eigene Lebenszufriedenheit auf die Familie übertrug: „Es hat mehr zusammengeschweißt, man freut sich mehr auf … Wenn man den ganzen Tag Beschäftigung hat, man freut sich einfach, wenn man dann Zeit mit der Familie verbringen kann.“

Frau Schulze (EvL) war trotz der Doppelbelastung mit Arbeit und Kind ebenfalls zufriedener: „Das ist natürlich dann schon stressiger jetzt. Man hat natürlich wesentlich weniger Zeit […] Für einen selber. Mich. […] Aber ansonsten … man fühlt sich einfach besser.“ Herr Weber (EvL), der starke Herzprobleme hatte, beobachtete auch gesundheitliche Verbesserungen: „Selbst die Ärzte sagen: Also was mit dir passiert in letzter Zeit, du lebst ja richtig auf. Also es tut mir richtig gut.“

Die Sorge um die Weiterbeschäftigung bei ungewissen Übernahmeaussichten minderte allerdings in vielen Fällen die temporär verbesserte Lebenszufriedenheit der Geförderten im Verlauf der Beschäftigung.

Belastende Arbeitsverhältnisse schlugen sich negativ auf die Lebenszufriedenheit und Gesundheit der Geförderten nieder und führten deshalb oft zu Krankschreibungen und später zu Beschäftigungsabbrüchen. So erzählte Herr Stein (EvL), der sich von seiner Vorgesetzten gemobbt fühlte, von einer deutlichen Verschlechterung: „Mir ging es schlechter als, wie ich arbeitslos war. Also richtig depressiv auch. Panik also vor Montag, Angst gehabt, wenn es auf Sonntag zuging.“

Bei denjenigen, die ihre geförderte Beschäftigung als belastend empfanden, wurde das Beschäftigungsverhältnis meist vorzeitig beendet (lesen Sie hierzu auch den aktuellen Beitrag von Miriam Raab und Markus Promberger zur Erwerbsintegration der Geförderten im IAB-Forum).

Der Verlust der Erwerbstätigkeit, des Arbeitsalltags und der damit einhergehenden sozialen Kontakte nach Förder- oder Beschäftigungsende wirkte sich ebenfalls schlecht auf die Lebenszufriedenheit und psychische Gesundheit der Betroffenen aus. Teils wurde auch ein körperlicher Abbau bemerkt. Geförderte wie Frau Pfeiffer fielen in ein regelrechtes Loch: „Ich habe über ein Jahr gar nichts gemacht, bin auch nicht rausgegangen, nur zum Einkaufen. Bin auch etwas depressiv geworden.“

Selbstwirksamkeit und Weiterbeschäftigung

Viele Geförderte berichteten von fehlender Selbstwirksamkeit in Phasen der Arbeitslosigkeit, da sie (selbst) keine Arbeit fanden und von Sozialleistungen abhängig waren. Herr Gomez, der zusätzlich an psychischen Problemen litt, erzählte, dass ihn dieser Zustand lähmte und sogar davon abhielt, sich zu bewerben: „Im Prinzip, weil ich halt eben nicht wirklich zu tun hatte und auch nicht wirklich das nötige Selbstvertrauen hatte in meine Fähigkeiten, sage ich einmal. Deswegen habe ich mich in der Zeit auch nicht beworben oder sonst irgendetwas.“

Ein kleinerer Teil, vor allem EvL-Geförderte, stand diesbezüglich besser da und zeigte mehr Eigeninitiative bei der Suche nach einer geförderten Beschäftigung.

Die Beschäftigung, die Anerkennung ihrer Fähigkeiten und ihr Statuswechsel stärkten in vielen Fällen das Selbstbewusstsein. Herr Weber beschrieb dies folgendermaßen: „Also das baut einen wirklich innerlich auf, man ist stärker. Man ist also überzeugender. Man kann besser argumentieren, man kann einfach alles besser machen. Das ist einfach alles zum Positiven geändert.“ Einige Interviewte waren deshalb optimistischer, vom Betrieb übernommen zu werden oder eine andere Beschäftigung zu finden.

Frau Hoffmann hatte ihrem Vorgesetzten diesbezüglich bereits ein Ultimatum gestellt: „Ich habe […] gesagt, dass ich dann schon mindestens ein Dreivierteljahr vorher gucken muss, dass ich mich bewerbe. Also bis dato müsste ich dann schon […] etwas Schriftliches haben. Weil, ich möchte ja schon gerne, […] wenn man denn etwas anderes kriegt, das nahtlos ineinander überläuft. Weil noch einmal zu Hause so viele Jahre, will ich nicht noch einmal.“ Andere hofften still auf eine Weiterbeschäftigung nach Förderende, ohne aktiv zu werden.

Bei den Interviewten, deren geförderte Beschäftigung bereits ausgelaufen war, gab es zwei Gruppen. Die einen ließen sich nicht entmutigen, sondern nutzten Aufschwung und gesammelte Berufserfahrung und fanden früher oder später eine neue geförderte oder ungeförderte Stelle. Andere interpretierten die Kündigung oder die ausbleibende Übernahme als fehlende Anerkennung seitens der Vorgesetzten.

Frau Pfeiffer hatte deshalb kein Interesse, eine neue Stelle zu finden: „Weil ich so enttäuscht bin. Ich war so lange da und noch nicht mal so ein kleines Blümchen [zum Abschied]“. Auch einzelne Geförderte, die schlechte Erfahrungen mit der geförderten Beschäftigung gemacht hatten, resignierten danach.

Trotz Erwerbstätigkeit bleiben manchen Teilhabechancen verwehrt

Da die Interviewten sehr unterschiedliche Biografien und Erwerbsverläufe aufweisen (lesen Sie hierzu auch einen aktuellen Beitrag von Markus Promberger und Miriam Raab im IAB-Forum), überrascht es nicht, dass ihre Bedürfnisse und Teilhabechancen ebenfalls teils stark voneinander abweichen. In manchen Fällen stellte sich die erhoffte Verbesserung der sozialen Teilhabe trotz Aufnahme einer Beschäftigung nicht ein. So hatten Frau Hamadou und andere Geförderte mit Migrationshintergrund (oder zumindest einem ausländisch klingenden Namen), anders als Geförderte ohne Migrationshintergrund oder mit weniger „fremd“ klingenden Namen, auch mit einer Arbeitsstelle weiterhin keinen Erfolg bei der Suche nach einer größeren Wohnung.

„Einmal habe ich einen [Vermieter] angerufen und der Mann hat mich gefragt: Woher kommst du? Ich habe gesagt: [Zentralafrikanisches Land]. – Nein, nein! Ich will keine Afrikaner, keine Afrikaner! Einfach so – Zack!“, beschrieb Frau Hamadou ihre Diskriminierungserfahrung. In diesen Fällen konnte auch die „ganzheitliche“ Betreuung nicht ausreichend unterstützen.

Fazit

Für viele Interviewte eröffneten sich in der Zeit, in der sie einer geförderten Beschäftigung nachgingen, neue Teilhabechancen. Fast alle Interviewten sahen die geförderte Tätigkeit als „normale“ Erwerbsarbeit an und profitierten von der Zeitstruktur, Sinnhaftigkeit und Anerkennung, die sie ihnen bot. Dadurch fühlten sie sich wieder der arbeitenden Bevölkerung zugehörig und sahen ihre Abhängigkeit vom Jobcenter als beendet an, selbst wenn sie weiterhin Sozialleistungen bezogen.

Alle Geförderten gaben an, dass sich ihre finanzielle Situation verbessert habe. Nur bei einem Teil verbesserte sich der Lebensstandard dadurch merklich. Größere Ausgaben erlaubten sich nur einzelne Geförderte, deren Übernahme in den Betrieb nach Förderende feststand.

Fast alle Geförderten erweiterten ihr soziales Netz durch den Kreis der Kolleg*innen. Bei einem Teil beschränkte es sich darauf. Andere knüpften auch außerbetrieblich neue Bekanntschaften oder pflegten alte vermehrt. In vielen Fällen verbesserten sich physische und psychische Gesundheit sowie die Lebenszufriedenheit.

Belastende Arbeitsverhältnisse und ungewisse Weiterbeschäftigungschancen schränkten die Lebenszufriedenheit jedoch stark ein. In puncto Selbstwirksamkeit zeigte nur ein Teil der Geförderten deutliche Verbesserungen. Außerdem lösten sich bestimmte Teilhabedefizite durch die Förderbeschäftigung nicht auf, etwa bei der Diskriminierung von Personen mit (vermutetem) Migrationshintergrund. Auf solche besonderen Problemlagen der Geförderten müsste das ganzheitliche Coaching stärker eingehen.

Mit dem Ende der geförderten Beschäftigung gingen auch Verbesserungen der Teilhabechancen in den anderen, oben genannten Bereichen wieder verloren. Langfristige Teilhabe scheint also nur mit dem Übergang in ein ungefördertes Arbeitsverhältnis möglich. Daher bedarf es eines besseren Übergangsmanagements in ungeförderte Beschäftigung. Dabei müssen vor allem die Coach*innen aktiv werden. Dort, wo ein Übergang in ungeförderte Beschäftigung unwahrscheinlich ist, sollte unbefristete geförderte Beschäftigung, gegebenenfalls mit Angemessenheitsprüfungen in größeren Abständen, diskutiert werden.

Daten und methodisches Vorgehen

Grundlage dieses Beitrags ist das Teilprojekt „Biografische Fallstudien zu Teilnehmenden an den Maßnahmen nach §16e und §16i SGB II“ der IAB-Evaluation des Teilhabechancengesetzes. In biografisch-narrativen Interviews wurden 13 Teilnehmende an EvL und 20 Teilnehmende an TaAM zwischen 2020 und 2023 in den meisten Fällen zweimal zu ihrem Leben vor, während und teils nach ihrer geförderten Beschäftigung befragt (eine detaillierte Darstellung des Samples entnehmen Sie bitte einem aktuellen Beitrag von Markus Promberger und Miriam Raab im IAB-Forum zu den biografischen Hintergründen der Geförderten).

Die Interviewten wurden zu einem größeren Teil aus einer Clusteranalyse von administrativen Daten der Bundesagentur für Arbeit gewonnen und zu einem kleineren Teil über Jobcenter vermittelt. Die Fallauswahl erfolgte auf Basis einer repräsentativen Typologie der Maßnahmeteilnehmenden aus dem Evaluationsteilprojekt „Vertieftes Monitoring“ (siehe Nivorozhkin/Promberger 2022). Dadurch wurde eine Kontrastierung regionaler, soziodemografischer und erwerbsbiografischer Fallmerkmale erreicht.

Alle Fälle in diesem Beitrag wurden anonymisiert. Bei allen verwendeten Namen handelt es sich um Pseudonyme.

In aller Kürze

  • Vielen Interviewten eröffnete die geförderte Beschäftigung im Rahmen des Teilhabechancengesetzes zumindest temporär neue Teilhabechancen in Bezug auf materielle Teilhabe, soziale Kontakte sowie Gesundheit und Lebenszufriedenheit.
  • Belastende Arbeitsbedingungen wirkten sich dagegen negativ auf Gesundheit und Lebenszufriedenheit aus.
  • Ungewisse Beschäftigungsaussichten nach Förder- oder Beschäftigungsende verringerten ebenfalls die Lebenszufriedenheit und die Umsetzung materieller Teilhabechancen.
  • Wenn kein Übergang in ungeförderte Beschäftigung erfolgte, verschlechterten sich auch die anderen Teilhabechancen wieder.

Literatur

Gundert, Stefanie; Pohlan, Laura (2022): Materielle und soziale Teilhabe: Mit dem Arbeitsplatz kann man mehr verlieren als nur den Job. IAB-Kurzbericht Nr. 2.

Jahoda, Marie (1983): Wie viel Arbeit braucht der Mensch? Arbeit und Arbeitslosigkeit im 20. Jahrhundert. Weinheim: Beltz.

Promberger, Markus; Raab, Miriam (2023): Teilhabechancengesetz: Die Biografien und Lebenssituationen der Geförderten unterscheiden sich. IAB-Forum, 11.09.2023.

Raab, Miriam; Promberger, Markus (2023): Wie gestaltet sich die Erwerbsintegration im Rahmen des Teilhabechancengesetzes? Einschätzungen aus Sicht der Geförderten. IAB-Forum, 11.09.2023.

Sen, Amartya (1985): Commodities and Capabilities. Lectures in Economics: Theory, Institutions, Policy. Elsevier Science Ltd, Oxford.

 

doi: 10.48720/IAB.FOO.20230928.01

Raab, Miriam (2023): Mehr Teilhabe durch geförderte Beschäftigung? Die Perspektive der Geförderten, In: IAB-Forum 28. September 2023, https://www.iab-forum.de/mehr-teilhabe-durch-gefoerderte-beschaeftigung-die-perspektive-der-gefoerderten/, Abrufdatum: 27. April 2024