Arbeitskräfte werden in Deutschland dringend gesucht. Das IAB veröffentlicht deshalb ab jetzt vierteljährlich eine Bestandsaufnahme zur Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Personalbedarfs: den IAB-Monitor Arbeitskräftebedarf. Die Redaktion des IAB-Forums hat dazu beim verantwortlichen Team nachgefragt.

Liebe Frau Gürtzgen, lieber Herr Kubis, lieber Herr Popp: Was ist das Neue am IAB-Monitor Arbeitskräftebedarf?

Portrait von Prof. Dr. Nicole Gürtzgen

Prof. Dr. Nicole Gürtzgen leitet den Forschungsbereich „Arbeitsmarktprozesse und Institutionen“ am IAB.

Nicole Gürtzgen: Im IAB-Monitor Arbeitskräftebedarf möchten wir die Kennzahlen zur betrieblichen Personalnachfrage, die wir bereits seit längerem regelmäßig erheben und veröffentlichen, inhaltlich erläutern und in den gesamtwirtschaftlichen Kontext einordnen. Wegen der aktuell hohen Personalengpässe ist dieses Thema ja zunehmend in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Die jüngere Vergangenheit hat uns außerdem gezeigt, dass sowohl unterjährige Entwicklungen als auch Entwicklungen über die Jahre hinweg häufig einer Erklärung bedürfen. Diese Punkte wird der künftig alle drei Monate erscheinende Monitor systematisch adressieren.

Mit dem neuen IAB-Monitor wollen wir eine fundierte Bestandsaufnahme der Nachfrageseite des Arbeitsmarktes ermöglichen.

Welche Informationen soll der neue IAB-Monitor Arbeitskräftebedarf darüber hinaus regelmäßig enthalten?

Portraitfoto Alexander Kubis

Dr. Alexander Kubis ist Mitarbeiter im Forschungsbereich „Arbeitsmarktprozesse und Institutionen“ am IAB.

Alexander Kubis: Wir wollen mit ihm eine fundierte Bestandsaufnahme der Nachfrageseite des Arbeitsmarktes ermöglichen. Er dokumentiert deshalb eine Vielzahl an Indikatoren. Im Vordergrund steht die Entwicklung der Gesamtzahl und der Struktur der offenen Stellen. Darüber hinaus weist der IAB-Monitor auch das Verhältnis von offenen Stellen zur Anzahl der Arbeitslosen, den Anteil unbesetzter Stellen und die Dauer von Rekrutierungsprozessen aus. Für die Entwicklung der offenen Stellen differenziert der IAB-Monitor außerdem nach verschiedenen Branchen und Betriebsgrößenklassen. Das erläutern wir auch in einem aktuellen Forum-Beitrag.

Der Monitor baut auf der IAB-Stellenerhebung auf, einer repräsentativen und quartalsweise durchgeführten Betriebsbefragung.

Auf welcher Datengrundlage basieren diese Informationen?

Martin Popp

Dr. Martin Popp ist Mitarbeiter im Forschungsbereich „Arbeitsmarktprozesse und Institutionen“ am IAB.

Martin Popp: Der Monitor baut auf der IAB-Stellenerhebung auf, einer repräsentativen und quartalsweise durchgeführten Betriebsbefragung. Die Erhebung ermittelt die Gesamtzahl aller offenen Stellen am Arbeitsmarkt, einschließlich jener Stellen, die nicht der Bundesagentur für Arbeit gemeldet werden. Damit stellt die IAB-Stellenerhebung die umfangreichste Informationsgrundlage zur aggregierten Darstellung des Arbeitskräftebedarfs in Deutschland dar. Für einen Teil der Indikatoren wird die Erhebung mit aktuellen Informationen zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sowie der Zahl der registrierten Arbeitslosen aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit verknüpft.

Unsere Daten ermöglichen Aussagen zu Branchen oder Betriebsgrößen.

Das IAB weist auch den Arbeitskräfteknappheits-Index aus. Worin unterscheiden sich Ihr Monitor und dieser Index?

Gürtzgen: Der Arbeitskräfteknappheits-Index basiert auf einer monatlichen Einschätzung aller Arbeitsagenturen, inwieweit die Besetzung offener Stellen im jeweiligen Agenturbezirk durch begrenzt verfügbare Arbeitskräfte in den kommenden drei Monaten erschwert wird. Der Index ist somit als schnell verfügbarer Frühindikator angelegt, der die Nähe der Arbeitsagenturen zum Matching-Prozess und ihre Sicht auf beide Marktseiten nutzt. Die von uns veröffentlichten Kennzahlen basieren dagegen auf einer repräsentativen Betriebsbefragung und ermöglichen somit auch Aussagen zu Unterschieden nach Branchen oder Betriebsgrößenklassen.

Während der Arbeitskräfteknappheitsindex einen kurzfristigen Prognosecharakter hat, berichtet unser IAB-Monitor rückblickend über die tatsächliche Entwicklung bis zum jeweils abgelaufenen Quartal. Zudem ist davon auszugehen, dass sich die Einschätzung der Arbeitsagenturen vorwiegend auf die den Arbeitsagenturen gemeldeten Stellen bezieht, während unsere Datengrundlage alle offenen Stellen erfasst, also auch die den Arbeitsagenturen nicht gemeldeten offenen Stellen.

Für wen ist der neue IAB-Monitor Arbeitskräftebedarf besonders interessant?

Popp: Gerade aus der interessierten Fachöffentlichkeit erreichen uns regelmäßig Anfragen zu diesem Thema. Deshalb glauben wir, dass der IAB-Monitor dort auf breites Interesse stoßen wird. Er wird aber auch der Arbeitsmarktpolitik, den Tarifpartnern, Verbänden und Verwaltungen einen fundierten Einblick über die Entwicklungen am deutschen Arbeitsmarkt mit an die Hand geben.

Literatur

Gürtzgen, Nicole; Kubis, Alexander; Popp, Martin (2023): IAB-Monitor Arbeitskräftebedarf 1/2023: Verhältnis von Arbeitslosen zu offenen Stellen ist mit 1,5 nach wie vor niedrig. IAB-Forum, 01.06.2023. DOI: 10.48720/IAB.FOO.20230601.01

Website der IAB-Stellenerhebung

Website des Arbeitskräfteknappheits-Index des IAB

 

Beitragsbild: Dmitry Nikolaev/stock.adobe.com

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20230601.02

Keitel, Christiane (2023): Ein neuer IAB-Monitor zum Brennpunktthema Arbeitskräftebedarf, In: IAB-Forum 1. Juni 2023, https://www.iab-forum.de/ein-neuer-iab-monitor-zum-brennpunktthema-arbeitskraeftebedarf/, Abrufdatum: 28. April 2024