Nachdem das Bruttoinlandsprodukt preis-, saison- und kalenderbereinigt im dritten Quartal um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal stieg, ist mit einer Abschwächung der Konjunktur im Winterhalbjahr zu rechnen. Die anhaltend hohe Inflation, die Unsicherheiten durch den Ukrainekrieg und fortbestehende Liefer- und Materialengpässe wirken weiterhin dämpfend. Allerdings könnte der Wirtschaftsabschwung milder ausfallen als zunächst von vielen erwartet. Die Stimmung in der deutschen Industrie hellt sich seit drei Monaten wieder auf, und auch das Konsumklima scheint am aktuellen Rand den Tiefpunkt durchschritten zu haben. Auch das IAB-Arbeitsmarktbarometer legt im Dezember weiter zu. Der Arbeitsmarkt dürfte daher stabil durch den Winter kommen.

Außenwirtschaftliches Umfeld

Die Weltwirtschaft hat sich insgesamt etwas abgekühlt. Im Euroraum wirken die Zinsanpassungen der EZB dämpfend. In China entstehen durch die Abkehr von der Null-Covid-Politik hohe Krankheitsstände und damit Abwärtsrisiken infolge einer sinkenden Nachfrage. So korrigierte die Weltbank aktuell die Wachstumserwartungen für die Volksrepublik deutlich nach unten.  Dementsprechend gibt auch der Indikator zur Einschätzung der aktuellen konjunkturellen Lage in China im Dezember nach. Für die Eurozone und die USA hellen sich die Indikatoren zur aktuellen Konjunkturlage und zu den Konjunkturerwartungen zwar auf, die Aussichten bleiben aber trotzdem insgesamt getrübt.

Außenhandel

Der deutsche Außenhandel gibt aufgrund der angespannten Gesamtsituation etwas nach. Im Oktober nahmen die Exporte um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat ab, die Importe sogar um 3,7 Prozent. Die Exporte in Drittstaaten sind im November ebenfalls um 0,5 Prozent gefallen. Hoffnung machen hohe Auftragsbestände und nachlassende Lieferengpässe. Die Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe befinden sich seit November wieder im leichten Plus.

Investitionen

Die Entwicklung der Investitionen ist heterogen. Der Auftragsbestand der Investitionsgüterhersteller stieg im Oktober. Die Beurteilung der Geschäftslage ist weiterhin im positiven Bereich und auch die Erwartungen an die zukünftige konjunkturelle Lage hellen sich den dritten Monat in Folge auf. Der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe ist seit Längerem rückläufig. Die Produktion im Bauhauptgewerbe konnte durch die gute Witterung im Oktober zwar zulegen, insgesamt verliert das Baugewerbe aber an Dynamik. Hohe Baupreise, geringere Kaufkraft und gestiegene Finanzierungskosten belasten den Bereich. Der Geschäftsklimaindex im Bauhauptgewerbe befindet sich weiter auf einem sehr niedrigen Stand.

Konsum

Der Konsum erweist sich als Stütze der Wirtschaftsentwicklung. Die Umsätze im Einzelhandel sinken aber bereits seit dem Frühjahr. Die Kaufzurückhaltung ist auf die anhaltend hohe Inflation zurückzuführen. Die zuletzt höheren Tarifabschlüsse und die Maßnahmen der Energiepreisbremsen wirken stabilisierend. Trotz der sehr pessimistischen Grundstimmung hellt sich das Konsumklima diesen Monat zum zweiten Mal in Folge auf.

Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt zeigt sich nach wie vor robust. Die Arbeitslosigkeit sinkt im Dezember. Das milde Winterwetter hatte einen leicht günstigen Einfluss auf die Arbeitslosigkeit (genauere Informationen zu den Auswirkungen des Wetters auf die Arbeitslosigkeit finden Sie hier). Die Unterbeschäftigung, die unter anderem Geflüchtete in Maßnahmen der Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik berücksichtigt, steigt weiter an, die Zuwächse werden aber tendenziell kleiner. Die Beschäftigung nahm im Oktober etwas schwächer zu als in den Vormonaten. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer steigt zum dritten Mal in Folge und liegt mit 100,9 Punkten knapp im optimistischen Bereich. Der Ausblick auf die Beschäftigungsentwicklung ist positiv, der Ausblick auf die Arbeitslosigkeitsentwicklung noch getrübt.

 

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20230103.01

Bauer, Anja; Weber, Enzo (2023): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Dezember 2022, In: IAB-Forum 3. Januar 2023, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-dezember-2022/, Abrufdatum: 29. April 2024