Am 6. März ist der deutsche Equal Pay Day. Er zeigt an, wie viele Tage Frauen im Durchschnitt zusätzlich arbeiten müssten, um das durchschnittliche Gehalt von Männern zu erreichen. Bei genauerer Betrachtung werden jedoch erhebliche regionale Unterschiede deutlich. So wäre der Equal Pay Day in Sachsen-Anhalt rechnerisch bereits am 13. Januar gewesen, in Baden-Württemberg wäre er jedoch erst am 8. April.

Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sind immer wieder Thema in politischen Debatten. Die wohl prominenteste Zahl, die in diesem Kontext genannt wird, ist die Geschlechterlohnlücke, auch Gender Pay Gap genannt. Sie beträgt bei den Bruttostundenlöhnen seit dem Jahr 2020 laut Statistischem Bundesamt (Destatis) 18 Prozent. Dabei handelt es sich um den unbereinigten Wert. Hier sind also auch diejenigen Lohnunterschiede enthalten, die durch eine geschlechtsspezifisch variierende Berufswahl und andere Faktoren bedingt sind (bei der bereinigten Lohnlücke wären diese Faktoren herausgerechnet).

Aus der unbereinigten Lohnlücke leitet sich der sogenannte Equal Pay Day ab. Er gibt an, wie viele Tage Frauen ab dem 1. Januar zusätzlich arbeiten müssen, um die Lohnlücke in den Stundenlöhnen zu schließen. Bei einer Lohnlücke von 18 Prozent müssten Frauen demgemäß 65 Tage länger arbeiten. Somit fällt dieser Tag dieses Jahr bundesweit auf den 6. März.

Dieser Durchschnittswert verdeckt jedoch die erheblichen regionalen Unterschiede in den Lohnlücken. So haben Michaela Fuchs, Anja Rossen und Antje Weyh in einer aktuellen Analyse für das Jahr 2022 auf der Ebene der deutschen Kreise ermittelt, dass dieser stark auseinanderklafft: Während beispielsweise sozialversicherungspflichtig vollzeitbeschäftigte Männer im Kreis in Freudenstadt (Baden-Württemberg) im Schnitt 38,4 Prozent mehr verdienen als Frauen, verdienen Frauen im ostdeutschen Cottbus im Schnitt ein Prozent mehr als Männer (lesen Sie dazu auch das Interview in diesem Dossier).

Der Gender Pay Gap klafft auf der Ebene der Bundesländer stark auseinander

Auch auf Ebene der Bundesländer ist der unbereinigte Gender Pay Gap erheblich. Dies zeigen Auswertungen auf Basis der Integrierten Erwerbsbiographien des IAB (siehe Infokasten „Datengrundlage und Methode“). Die deutschlandweite Lohnlücke beträgt diesen Daten zufolge etwa 19 Prozent. Sie liegt damit sehr nah an dem von Destatis ermittelten Wert. Demzufolge fiele der Equal Pay Day für Gesamtdeutschland statt auf den 6. auf den 7. März.

Insgesamt sind die unbereinigten Lohnlücken in den ostdeutschen Bundesländern deutlich kleiner als im Westen. Entsprechend früher läge dort – rein rechnerisch – der Equal Pay Day. Während er in Sachsen-Anhalt bereits am 13. Januar stattgefunden hätte, wäre dies in Baden-Württemberg erst am 8. April der Fall (siehe Abbildung 1). Selbst in Sachsen, dem ostdeutschen Schlusslicht, wäre er bereits am 1. Februar gewesen – und damit über einen Monat früher als in Hessen, das mit dem 5. März der Vorreiter unter den westdeutschen Ländern wäre. Dies deckt sich mit Ergebnissen von Destatis, wonach die Lohnlücke in Ostdeutschland 2022 bei 7 Prozent und in Westdeutschland bei 19 Prozent lag.

Für die kleineren Lohnlücken in Ostdeutschland gibt es mehrere mögliche Gründe

Eine mögliche Erklärung für die kleineren Lohnlücken in Ostdeutschland könnte in egalitäreren Geschlechterrollen liegen, sodass sich auch die Beschäftigungsstrukturen von Männern und Frauen im Osten weniger stark voneinander unterscheiden als im Westen. Dies könnte dazu beitragen, dass Frauen in Ostdeutschland weniger benachteiligt sind als im noch stärker traditionell geprägten Westdeutschland.

Bereits 2012 kamen Stefan Bauernschuster und Helmut Rainer zu dem Ergebnis, dass es zwischen West und Ost immer noch deutliche Unterschiede in den Rollenbildern gibt. Auch gibt es deutliche Unterschiede etwa in der Dauer, bis Mütter wieder in den Beruf zurückkehren, sowie in der Teilzeitbeschäftigung zwischen den Regionen. Außerdem verdienen Männer in Ostdeutschland deutlich weniger als ihre Geschlechtsgenossen in Westdeutschland. Der Lohnabstand zwischen ost- und westdeutschen Frauen ist dagegen viel geringer, was ebenfalls ein Grund für die Unterschiede beim regionalen Gender Pay Gap ist (lesen Sie dazu auch einen 2019 publizierten Beitrag im IAB-Forum von Michaela Fuchs und anderen).

Abbildung 1 zeigt die Equal Pay Days, berechnet für die deutschen Bundesländer. Der frühste Equal Pay Day fände in Mecklenburg-Vorpommern am 14. Januar statt, der letzte in Baden-Württemberg am 8. April.

Fazit

Die regionalen Unterschiede beim Gender Pay Gap sind erheblich. So liegen die rechnerischen Equal Pay Days in den westdeutschen Bundesländern sehr viel später als in den ostdeutschen Bundesländern. Insofern ist eine einheitliche Zahl für das gesamte Bundesgebiet, wie sie sich im bundesweiten Equal Pay Day am 6. März widerspiegelt, wenig aussagekräftig.

Seit 2006 berechnet Destatis die Geschlechterlohnlücke. Diese betrug damals 23 Prozent, was einem Equal Pay Day am 26. März entspricht. Innerhalb von 16 Jahren ist dieser Tag auf den 6. März vorgerückt. Sollte sich diese Entwicklung in dieser Geschwindigkeit fortsetzen, würde er erst im Jahr 2074 auf den 1. Januar fallen.

Geeignete politische Maßnahmen könnten diesen Prozess unter Umständen beschleunigen. Dazu gehört etwa der Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten, wie Gundula Zoch und Irina Hondralis in einer 2017 publizierten Studie erläutern. In einer anderen aktuellen Studie zeigen Florian Zimmermann und Matthias Collischon, die Autoren des vorliegenden Beitrags, dass auch die Förderung von Gleichstellungsmaßnahmen in den Betrieben die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen reduziert. In eine ähnliche Richtung zielt auch die Stärkung einer auf Gleichberechtigung ausgerichteten Organisationskultur, wie Florian Zimmermann in einem 2022 erschienenen Fachaufsatz argumentiert.

In aller Kürze

  • Berechnet man den Equal Pay Day für einzelne Bundesländer, so zeigen sich erhebliche Unterschiede innerhalb Deutschlands: Der Equal Pay Day in Sachsen-Anhalt wäre rechnerisch bereits am 13. Januar gewesen, in Baden-Württemberg wäre er dagegen erst am 8. April.
  • Die Unterschiede zeigen sich vor allem zwischen Ost- und Westdeutschland. Der Equal Pay Day würde ausnahmslos in jedem ostdeutschen Bundesland früher stattfinden als in den westdeutschen Landesteilen.

Literatur

Bauernschuster, Stefan; Rainer, Helmut (2012): Political regimes and the family: how sex-role attitudes continue to differ in reunified Germany. Journal of Population Economics 25.1, S. 5-27.

Fuchs, Michaela; Rossen, Anja; Weyh, Antje; (2024): Regionale Unterschiede im Gender Pay Gap in Deutschland 2022. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Aktuelle Daten und Indikatoren.

Fuchs, Michaela; Rossen, Anja; Weyh, Antje; Wydra-Somaggio, Gabriele (2019): Warum die Löhne von Männern regional stärker variieren als die von Frauen (Serie „Arbeitsmärkte aus regionaler Perspektive“). In: IAB-Forum, 18.12.2019.

Statistisches Bundesamt (Destatis) (2024): Gender Pay Gap 2023: Frauen verdienten pro Stunde 18% weniger als Männer. Pressemitteilung Nr. 027 vom 18.01.2024.

Stüber, Heiko; Dauth, Wolfgang; Eppelsheimer, Johann (2023): A guide to preparing the sample of integrated labour market biographies (SIAB, version 7519 v1) for scientific analysis. Journal for Labour Market Research, 57.1, S. 1-11.

Zimmermann, Florian; Collischon, Matthias (2023): Do Organizational Policies Narrow Gender Inequality? Novel Evidence from Longitudinal Employer–Employee Data. Sociological Science, 10, S. 47-81.

Zimmermann, Florian (2022): Can You Take Your Corporate culture With You? Multinational Companies and the Gender Wage Gap in Germany. Socius, 8.

Zoch, Gundula, & Hondralis, Irina (2017). The expansion of low-cost, state-subsidized childcare availability and mothers’ return-to-work behaviour in East and West Germany. European Sociological Review, 33(5), S. 693-707.

Datengrundlage und Methode

Die (derzeit bis zum Jahr 2021) öffentlich verfügbaren Daten der Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiografien (SIAB) stellen eine 2-prozentige Stichprobe aus der Grundgesamtheit der Integrierten Erwerbsbiografien dar. Diese enthalten Informationen zu Personen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind (Beamte und Selbstständige sind nicht enthalten). Über diese Personen liegen tagesaktuelle Informationen zu deren Erwerbseinkommen, gemessen als Tagesentgelt, sowie zu Beschäftigungsdauer, Branche, Beruf, Alter und Arbeitsort vor.

Für unsere Analysen nutzen wir die Angaben aus dem Jahr 2021 zum Stichtag 30. Juni und beschränken uns zugunsten der Vergleichbarkeit auf Vollzeitbeschäftigte, da die Daten keine Informationen zum Beschäftigungsumfang enthalten. Das Sample ist außerdem auf Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren beschränkt. Löhne oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze wurden imputiert (Stüber, Dauth und Eppelsheimer 2023).

Zur Berechnung der unbereinigten Lohnlücken wird ein lineares Regressionsmodell genutzt, in dem die logarithmierten Tagesentgelte auf das Geschlecht regressiert werden und hieraus der relative Lohnabstand zwischen Männern und Frauen berechnet wird.

Bild: Monster Ztudio/stock.adobe.com

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20240304.01

Collischon, Matthias; Zimmermann, Florian (2024): Der Equal Pay Day unter der Lupe: Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen unterscheidet sich je nach Region erheblich, In: IAB-Forum 4. März 2024, https://www.iab-forum.de/der-equal-pay-day-unter-der-lupe-die-lohnluecke-zwischen-maennern-und-frauen-unterscheidet-sich-je-nach-region-erheblich/, Abrufdatum: 27. April 2024