2. Juni 2025 | Serie „Berufsorientierung Jugendlicher“
Mittelfristig hat die Berufseinstiegsbegleitung einen positiven Einfluss auf Beschäftigung und Verdienst

Die Berufseinstiegsbegleitung (BerEB) soll den Übergang von der Schule in die Ausbildung erleichtern (siehe Infokasten „Ziel und Ablauf der Maßnahme Berufseinstiegsbegleitung“). Nachdem die Finanzierung durch den Europäischen Sozialfonds im Jahr 2020 ausgelaufen war, verlor das Programm an Bedeutung. Im Januar 2024 wurde die Maßnahme nur noch in fünf deutschen Bundesländern angeboten. Die gesetzliche Vorgabe, dass die Bundesagentur für Arbeit nicht alleine für die Berufseinstiegsbegleitung aufkommen darf, führte zu einem regionalen Flickenteppich, weil sich finanzstärkere Länder und Kommunen die Kofinanzierung eher leisten können als finanziell schwächere Regionen.
In einer Gemeinschaftsstudie von mehreren Instituten aus dem Jahr 2015 sowie in einem IAB-Forschungsbericht von Pascal Heß aus dem Jahr 2024 finden sich keine kausalen Effekte der BerEB auf originäre Ziele des Programms wie das Erlangen eines Schulabschlusses oder die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung.
Denkbar ist jedoch, dass die BerEB mittelfristige Vorteile bietet, etwa durch die Bereitstellung eines Netzwerks, das den Jugendlichen nicht direkt beim Übergang in den Ausbildungsmarkt, aber zu einem späteren Zeitpunkt zu Beginn ihres Berufslebens zugutekommt.
Die hier vorgestellten Analysen beziehen sich deshalb auf mittelfristige Effekte der BerEB und liefern damit die ersten Ergebnisse dieser Art. Über die Aufnahme einer Ausbildung hinaus werden daher auch das Alter, in dem die erste Vollzeitbeschäftigung ausgeübt wird, sowie die Beschäftigungs- und Lohnentwicklung bis zum Alter von 25 Jahren betrachtet. Die Ergebnisse können allerdings nicht als kausal interpretiert werden, da die Selektion in die BerEB hier nicht berücksichtigt werden konnte.
Jugendliche mit Berufseinstiegsbegleitung unterscheiden sich in ihren Schulabschlüssen von nicht teilnehmenden Jugendlichen
Wie der bereits erwähnte IAB-Forschungsbericht von Pascal Heß zeigt, erfolgt die Aufnahme von Jugendlichen in die BerEB nicht zufällig, sondern durch eine gezielte Auswahl leistungsschwacher Schüler*innen oder solcher, für die Probleme beim Übergang in den Ausbildungsmarkt erwartbar sind. Dementsprechend muss man davon ausgehen, dass es weiterhin zu Unterschieden zwischen Teilnehmenden und Nichtteilnehmenden zu Beginn des Erwerbslebens kommt.
Das verdeutlicht ein Vergleich von Jugendlichen, die im Alter von 14 Jahren eine Schulform besucht haben, die zur BerEB-Förderung berechtigt hätte (hauptsächlich Förder-, Haupt- und Gesamtschulen), und die entweder an dem Programm teilgenommen haben oder nicht. Knapp 35 Prozent der Nichtteilnehmenden erreichten später einen Realschulabschluss, aber nur 18 Prozent der BerEB-Teilnehmenden (siehe Tabelle 1).
Unterschiede ergeben sich auch, wenn man den erreichten Schulabschluss in Abhängigkeit von der Dauer der BerEB-Teilnahme betrachtet. Von den insgesamt 10.867 Jugendlichen, die an der Berufseinstiegsbegleitung teilnehmen, nehmen 1.567 Jugendliche bis zu 12 Monate teil, 4.093 Jugendliche zwischen 12 und 24 Monaten, 4.351 Jugendliche 25 bis 36 Monate und 856 Jugendliche länger als 36 Monate.
Jugendliche, die planmäßig zwischen 25 und 36 Monate an der Berufseinstiegsbegleitung teilnehmen, erlangen häufiger einen einfachen oder qualifizierten Hauptschulabschluss als Jugendliche, die nur 13 bis 24 Monate teilnehmen, etwa weil sie die Maßnahme abbrechen oder später hinzukommen.
Wer die BerEB in der planmäßigen Dauer absolviert, erreicht zudem eher einen einfachen oder qualifizierten Hauptschulabschluss als Jugendliche, die mehr als 36 Monate an der Maßnahme teilnehmen. Dies liegt vermutlich daran, dass die letztgenannte Gruppe vorwiegend aus besonders Förderbedürftigen besteht.
Kürzere Teilnahmezeiten bis zu 12 Monaten gehen in 71 Prozent der Fälle mit einem Hauptschulabschluss und in 20 Prozent der Fälle mit einem Realschulabschluss einher. Ein Realschulabschluss wird in dieser Gruppe also etwas häufiger, ein Hauptschulabschluss etwas seltener als in der Gruppe mit planmäßiger Teilnahmedauer erreicht (18 % bzw. 72 %). Inwiefern dieser Befund durch die Selektion schulisch stärkerer Jugendlicher zu erklären ist, kann nicht abschließend geklärt werden.
Schulabgänger*innen mit BerEB-Unterstützung sind etwas jünger, wenn sie ihre erste Vollzeitbeschäftigung aufnehmen
Wie stellt sich nun der Übergang von der Schule in Ausbildung oder Beschäftigung für BerEB-Teilnehmende dar? Um eine möglichst gute Vergleichsgruppe zu erhalten, wurden ausschließlich BerEB-Teilnehmende und Nichtteilnehmende, die einen einfachen oder qualifizierten Hauptschulabschluss erreicht haben, im Hinblick auf verschiedene Aspekte analysiert.
Von Interesse ist hier die Frage, wie viele der Jugendlichen in den ersten zwei Jahren nach Verlassen der Schule, die sie im Alter von 14 Jahren besucht haben, eine betriebliche Ausbildung aufnehmen, und wie alt sie bei der Aufnahme der ersten Vollzeitbeschäftigung sind.
Jugendliche, die an der BerEB teilnahmen, haben fast zu gleichen Anteilen eine betriebliche Ausbildung begonnen wie Jugendliche in ihrer Vergleichsgruppe (62 % gegenüber 63 %). Der Übergang in eine Ausbildung gelang mit 65 Prozent insbesondere denjenigen häufiger, die länger an der BerEB teilnahmen (mindestens 25 Monate).
Dagegen ist der Anteil derjenigen, die nur bis zu 12 Monate teilnahmen, mit 55 Prozent geringer. Möglicherweise liegt dies daran, dass diese Gruppe vorwiegend mit leistungsstärkeren Jugendlichen besetzt ist, die im Bildungssystem verbleiben, oder mit leistungsschwächeren Jugendlichen, die nicht am Arbeitsmarkt teilhaben.
Eine unwesentlich geringere Übergangsquote zeigt sich auch für diejenigen Jugendlichen, bei denen die Maßnahme 13 bis 24 Monate dauerte. Die Ausbildungsquote besonders förderbedürftiger Jugendlicher (Teilnahmedauer mehr als 36 Monate) von 65 Prozent kann ebenfalls darauf hinweisen, dass die BerEB bei entsprechender Dauer benachteiligten Jugendlichen helfen kann, eine Ausbildung aufzunehmen.
Betrachtet man das Alter, in dem die erste Vollzeitbeschäftigung aufgenommen wird, fällt auf, dass dies bei BerEB-Teilnehmenden im Schnitt zwei Monate früher der Fall ist als in der Vergleichsgruppe. Dabei wird nicht danach differenziert, ob die Beschäftigung im erlernten Beruf oder im ehemaligen Ausbildungsbetrieb aufgenommen wurde oder ob die Ausbildung überhaupt abgeschlossen wurde.
Dass Jugendliche, die länger als 36 Monate an der Berufseinstiegsbegleitung teilgenommen haben, etwas älter sind, wenn sie eine Vollzeitbeschäftigung aufnehmen, hat möglicherweise damit zu tun, dass sie teilweise eine Klassenstufe wiederholt haben und dem Arbeitsmarkt dadurch erst später zur Verfügung standen. Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass sie den Übergang in eine Ausbildung ähnlich häufig geschafft haben wie bei einer Teilnahmedauer von 25 bis 36 Monaten. Dies ist ein Hinweis darauf, dass individuelle Förderung und gegebenenfalls die Verlängerung einer Maßnahme benachteiligten Jugendlichen helfen kann, ihre Defizite aufzuholen und ähnlich gute Ergebnisse zu erreichen wie weniger benachteiligte Jugendliche.
Wer an der Berufseinstiegsbegleitung teilnimmt, ist mittelfristig am Arbeitsmarkt erfolgreich
Wie anfangs erwähnt, kann die Teilnahme an einer BerEB zwar kurzfristig ohne sichtbare Wirkung bleiben, aber aufgrund des bereitgestellten Netzwerks später dennoch zum Erfolg am Arbeitsmarkt verhelfen. Das macht eine Analyse der weiteren Beschäftigungs- und Einkommensverläufe von BerEB-Teilnehmenden im Vergleich zu Nichtteilnehmenden deutlich. Betrachtet werden die Erwerbsverläufe bis zum Alter von 25 Jahren.
Aufgrund der Heterogenität nach Teilnahmedauer in der BerEB bezieht sich die mittelfristige Analyse nur auf Personen, die daran planmäßig zwischen 25 und 36 Monaten teilgenommen haben. Somit ist gewährleistet, dass die Ergebnisse den Einfluss der BerEB-Teilnahme möglichst genau widerspiegeln.
Abbildung 1 zeigt die Beschäftigungsquote sowie die kumulierten Lohnzuwächse von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss, die 25 bis 36 Monate an der Berufseinstiegsbegleitung teilgenommen haben, im Vergleich zu Jugendlichen mit Hauptschulabschluss ohne BerEB-Teilnahme.
Bis zum Alter von 20 Jahren besteht ein signifikanter positiver Einfluss der BerEB-Teilnahme auf die Aufnahme einer Beschäftigung (siehe Abbildung 1a). Dieser Befund kann in Verbindung mit den Ergebnissen in den Tabellen 1 und 2 vermutlich dadurch erklärt werden, dass Jugendliche, die planmäßig an der BerEB teilnehmen, seltener eine weiterführende Schule besuchen, sondern stattdessen eine Ausbildung absolvieren und dementsprechend früher vollzeitbeschäftigt sind.
Der starke positive Einfluss auf die Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung zu Beginn des Berufslebens wird mit zunehmendem Alter schwächer und im Alter von 25 Jahren sogar negativ, wenn auch nicht statistisch signifikant.
Da BerEB-Teilnehmende aus der Untersuchungsgruppe zunächst häufiger einer Beschäftigung nachgehen als Nichtteilnehmende, überrascht es angesichts ihrer längeren Arbeitsmarkterfahrung nicht, dass sie im Alter von 18 Jahren signifikant höhere Löhne erzielen als Personen in der Vergleichsgruppe (siehe Abbildung 1b). Zu diesem Zeitpunkt betragen die kumulierten Mehreinnahmen seit Aufnahme der Vollzeitbeschäftigung im Durchschnitt rund 1.000 Euro.
Dieser Effekt steigt bis zum Alter von 22 Jahren auf etwa 2.800 Euro, stagniert anschließend und nimmt im Alter von 25 Jahren wieder leicht ab. Auch hier wäre es interessant, ein längerfristiges Bild zeichnen zu können, um zu sehen, ob BerEB-Teilnehmende die Lohnvorteile im Vergleich zu Nichtteilnehmenden langfristig halten können oder nicht.
Fazit
Die Berufseinstiegsbegleitung (BerEB) hat auf den ersten Blick einen positiven Einfluss auf die mittelfristige Arbeitsmarktteilhabe von Teilnehmenden im Vergleich zu Nichtteilnehmenden. Insbesondere Jugendliche, die länger in dem Programm verbleiben, nehmen vergleichsweise häufig eine betriebliche Ausbildung auf.
Zudem weisen die Teilnehmenden bis zum Alter von 23 Jahren mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine Vollzeitbeschäftigung auf. Auch der kumulierte Gesamtverdienst ist bis zum Alter von 25 Jahren (aktueller Analyserand) signifikant höher als in der Vergleichsgruppe. Die leicht negative Tendenz am Ende des Beobachtungszeitraums lässt jedoch keine längerfristige Entwicklungsprognose zu.
Einschränkend muss man festhalten, dass sich die Analysen auf Personen mit Hauptschulabschluss beschränken und die Untersuchung der Ausbildungsaufnahme lediglich betriebliche Ausbildungen beinhaltet. Beides schränkt die Generalisierbarkeit der Ergebnisse aber nur bedingt ein, weil das Gros der BerEB-Teilnehmenden lediglich einen Hauptschulabschluss erreicht.
Die höhere Quote von Ausbildungsaufnahmen unter den Teilnehmenden zeigt, dass die BerEB das Ziel, die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung zu erleichtern, erreichen kann. Der geringe Anteil der teilnehmenden Jugendlichen, die einen Realschulabschluss erreichen, könnte allerdings darauf hindeuten, dass die BerEB Teilnehmende nicht (systematisch) über die Aufnahme einer Ausbildung hinaus fördert, indem sie einen weiterführenden Schulabschluss unterstützt.
Der frühere Eintritt in den Arbeitsmarkt von Schulabgänger*innen mit BerEB könnte langfristig jedoch positive Wirkungen haben, da nach einer früh abgeschlossenen Ausbildung mehr Berufserfahrung gesammelt werden kann und damit eine positive Lohnentwicklung einhergeht. Außerdem können berufliche Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen früher wahrgenommen werden, beispielsweise eine Techniker- oder Meisterfortbildung.
Inwiefern sich die Teilnahme an der Berufseinstiegsbegleitung langfristig auf den Berufs- und Erwerbsverlauf auswirkt, lässt sich derzeit nicht abschließend klären. Für entsprechende Analysen werden erst in Zukunft Daten vorliegen.
In aller Kürze
- Jugendliche, die an einer Berufseinstiegsbegleitung (BerEB) teilnehmen, unterscheiden sich in ihren schulischen Abschlüssen von nicht teilnehmenden Personen. Sie erreichen beispielsweise nur halb so oft einen Realschulabschluss.
- Von den Jugendlichen, die einen Hauptschulabschluss erreicht haben, nehmen BerEB-Teilnehmende etwa genauso häufig eine betriebliche Ausbildung auf wie Nichtteilnehmende.
- BerEB-Teilnehmende gehen vor allem am Anfang ihres Berufslebens häufiger einer Vollzeitbeschäftigung nach als Personen in ihrer Vergleichsgruppe. Zudem ist ihr kumulierter Gesamtverdienst nach Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung bis zum Alter von 25 Jahren signifikant höher.
Literatur
Heß, Pascal (2024): Evaluation der Erweiterung der Berufseinstiegsbegleitung: Evidenz für Westdeutschland. IAB-Forschungsbericht Nr. 15.
Bundesministerium für Arbeit und Soziales; Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung e.V. (IAW); SÖSTRA Institut für Sozialökonomische Strukturanalysen GmbH; SOKO Institut für Sozialforschung und Kommunikation GmbH; Universität Tübingen, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Institut für Erziehungswissenschaft Abt. Sozialpädagogik; Universität Frankfurt am Main, FB 04 Erziehungswissenschaften, Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung (2015): Evaluation der Berufseinstiegsbegleitung nach § 421s SGB III: Abschlussbericht. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Forschungsbericht 453.
Bild: Rido/stock.adobe.com
DOI: 10.48720/IAB.FOO.20250602.01
Heß, Pascal; Wilzek, Lukas (2025): Mittelfristig hat die Berufseinstiegsbegleitung einen positiven Einfluss auf Beschäftigung und Verdienst, In: IAB-Forum 2. Juni 2025, https://www.iab-forum.de/mittelfristig-hat-die-berufseinstiegsbegleitung-einen-positiven-einfluss-auf-beschaeftigung-und-verdienst/, Abrufdatum: 6. June 2025
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Autoren:
- Pascal Heß
- Lukas Wilzek