Die Unterschiede zwischen den regionalen Arbeitsmärkten sind nach wie vor erheblich – zwischen Stadt und Land ebenso wie zwischen Ost und West oder Nord und Süd. Eine langfristige Annäherung ist nur bei der Höhe der Arbeitslosigkeit zu erkennen, nicht aber bei Einkommen und Beschäftigung.

Wie sich an wichtigen Indikatoren ablesen lässt, driftet die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland zunehmend auseinander. Die Einkommensunterschiede zwischen den Haushalten haben sich seit Mitte der 1990er Jahre deutlich vergrößert, wie sich zum Beispiel einer 2018 erschienenen Studie von Christian Dustmann, Bernd Fitzenberger und Christian Zimmermann entnehmen lässt.

Wachsen die Unterschiede zwischen Regionen ebenso wie jene zwischen Haushalten?

Schlagen sich derartige Unterschiede auch auf einer regionalen Ebene nieder? Die anhaltenden Differenzen zwischen den ost- und den westdeutschen Regionen sind bekannt, aber wie verhält es sich mit anderen regionalen Spaltlinien? Verlieren oder gewinnen diese an Bedeutung?  Diese Fragen sollen im Folgenden näher untersucht werden. Dabei können Daten berücksichtigt werden, die bisher nicht zur Verfügung standen, insbesondere Informationen über regionale Preisniveaus. Damit lässt sich ein deutlich präziseres Abbild der regionalen Diskrepanzen zeichnen, als dies mit dem bisherigen Analyseinstrumentarium möglich war.
Abbildung 1 zeigt die Tagesentgelte aus sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung nach Kreisen für das Jahr 2016 in Euro. Quelle: Beschäftigtenhistorik (BeH) V10.03.00, 2-Prozent Stichprobe, Stichtag: 30.6.2016.

Deutliches Einkommensgefälle zwischen West und Ost

Selbst 30 Jahre nach der deutschen Vereinigung besteht immer noch ein großes Einkommensgefälle zwischen den beiden Landesteilen (siehe Abbildung 1): Die ehemalige innerdeutsche Grenze ist in der Karte deutlich zu sehen. Während sich das durchschnittliche Tagesentgelt im einkommensstärksten Kreis (in der Stadt Erlangen) auf 149,41 Euro beläuft, ist es im Kreis mit dem niedrigsten Einkommen (Saale-Holzland) mit knapp 76,87 Euro nur gut halb so hoch.

Abgesehen davon werden einige großräumige Strukturen deutlich. Im Nordwesten dominieren Regionen mit eher mittleren Einkommen, ebenso in einem Band, das sich vom Saarland über die Pfalz nach Hessen zieht. Im Kontrast dazu häufen sich im Süden der Republik Regionen mit vergleichsweise hohen Durchschnittseinkommen.

Aufschlussreich ist der Blick auf die Einkommensunterschiede zwischen den urbanen Zentren und dem flachen Land (zu Daten und Methoden siehe Infokasten). Als hilfreich für die Analyse hat sich hier eine Einteilung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung erwiesen. Ihr zufolge lassen sich die Regionen drei Kategorien zuordnen (siehe Tabelle):

  • Zentren (Großstädte mit über 100.000 Einwohnern)
  • städtische Gebiete (im Wesentlichen Städte unter 100.000 Einwohner)
  • ländliche Gebiete.

Tab. 1: Tagesentgelte aus sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung, 2016

In Großstädten wird nominal gut ein Fünftel mehr verdient als auf dem Land

Zieht man wiederum als Indikator die durchschnittlichen nominalen Tagesentgelte aus abhängiger Vollzeitbeschäftigung heran, so zeigen sich die größten Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Arbeitsmärkten im Westen der Republik. Dort wird in den Zentren im Schnitt gut 20 Prozent mehr verdient als im ländlichen Raum. Dieser Unterschied ist von der gleichen Größenordnung wie der nominale Einkommensunterschied zwischen Ost- und Westdeutschland. Bemerkenswert ist, dass die Zentren im Osten nicht einmal das Durchschnittsentgelt der ländlichen Gebiete des Westens erreichen.

Nach der Preisbereinigung schrumpfen die Entgeltunterschiede zum Teil deutlich

Nun ist ein Euro zum Beispiel in München nicht genauso viel wert wie in einer ländlichen Gemeinde an der Nordseeküste. Die erzielten Einkommen weisen eine unterschiedliche Kaufkraft auf, weil das regionale Preisniveau variiert. Preise und Mieten sind in Westdeutschland tendenziell höher als im Osten und auf dem Land tendenziell niedriger als in der Stadt. Die realen, also preisbereinigten Einkommensunterschiede sind daher kleiner als die Unterschiede in den nominalen Einkommen.

Bisher waren regionale Preisvergleiche kaum möglich. Inzwischen haben jedoch Sebastian Weinand und Ludwig von Auer auf Grundlage der regulären Preiserhebungen der Statistischen Ämter einen flächendeckenden Preisindex für die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten auf Kreisebene berechnet und in einer 2019 erschienenen Studie publiziert (die Daten selbst beziehen sich auf das Jahr 2016). Aus rund 365.000 Preis- und rund 15.000 Mietangaben wurde ein flächendeckender Preisindex für die Lebenshaltung, unter Einschluss der Mieten, für die Kreise der Republik ermittelt. Auf dieser Basis zeigt sich, dass die preisbereinigten Entgelte im Osten etwas höher sind als die nominalen Entgelte. Damit reduziert sich der West-Ost-Unterschied in den Vollzeitentgelten von gut 22 auf knapp 20 Prozent. Er ist also immer noch erheblich.

Demgegenüber schrumpfen die Unterschiede zwischen den Zentren und den ländlichen Gebieten im Westen von 22 auf 12 Prozent, wenn die Entgelte preisbereinigt werden. Dennoch wird in den Zentren real immer noch deutlich mehr verdient als auf dem flachen Lande. Wie ist dies trotz der erheblichen Mietsteigerungen der letzten Jahre gerade in den Zentren möglich? Tatsächlich ist von diesen Mietsteigerungen in erster Linie der mobile Teil der Bevölkerung betroffen. Wer eine neue Wohnung bezogen hat, musste häufig erheblich mehr bezahlen. Die große Menge der Bestandsmieten hat viel kleinere Steigerungen erfahren, so dass die Mietpreisunterschiede zwischen Großstädten und ländlichen Gebieten geringer sind als vielleicht erwartet.

Abbildung 2 zeigt die Streuung der Entgelte auf Kreisebene (Standardabweichung der Mediane für Kreise dividiert durch die jeweiligen Mediane auf Bundes-, West- und  Ostniveau). Quelle: 2-Prozent-Stichprobe aus der IAB-Beschäftigtenhistorik (BEH).

Im Westen sind die regionalen Einkommensdisparitäten deutlich gewachsen, im Osten leicht geschrumpft

Aufschlussreich ist ein Blick auf die Entwicklung der regionalen Einkommensdisparitäten im Zeitverlauf. Abbildung 2 zeigt, wie sich die Streuung der regionalen Entgelte auf Kreisebene seit der Jahrtausendwende verändert hat. Ist die Streuung groß, dann gibt es große Unterschiede zwischen den Regionen, wird sie kleiner, reduzieren sie sich die Unterschiede entsprechend (zur genauen Messung der Streuung siehe Infokasten „Daten und Methoden“).

Seit der Jahrtausendwende haben sich die Entgeltunterschiede innerhalb Ostdeutschlands verringert, im Westen hingegen sind sie stark gewachsen. Im Jahr 2011 erreichte die Einkommensstreuung im Westen ihr Maximum, seitdem hat sie geringfügig abgenommen. Für den gesamten Arbeitsmarkt der Republik stieg die Streuung über den gesamten Betrachtungszeitraum hinweg ein wenig an. Der leichte Rückgang in jüngerer Zeit ist überwiegend der Entwicklung in Ostdeutschland geschuldet. Zudem wirkt sich hier die – wenn auch sehr langsame – Annäherung  Ostdeutschlands an das westdeutsche Niveau aus, wie ein 2016 erschienener Beitrag von Uwe Blien und Koautoren zeigt.

Insgesamt ergibt sich aus den Daten eher ein Beleg für eine divergente Entwicklung als für eine konvergente: Im Hinblick auf die Einkommen aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung streben die Regionen längerfristig betrachtet eher nicht aufeinander zu, sondern eher voneinander fort. Im betrachteten Zeitraum wurden die regionalen Unterschiede größer, obwohl zwischen Ost und West eine langsam ablaufende konvergente Entwicklung feststellbar ist.

Die regionale Arbeitslosigkeit hat abgenommen, die Quoten variieren aber weiterhin stark

Einkommensunterschiede sind nicht die einzige Dimension, hinsichtlich der sich regionale Arbeitsmärkte unterscheiden. Um ein Erwerbseinkommen zu erzielen, muss man erwerbstätig sein. Die Möglichkeiten dazu werden von der Entwicklung der Beschäftigung beziehungsweise der Arbeitslosigkeit bestimmt. Nun hat die Arbeitslosigkeit in Deutschland im Laufe der letzten eineinhalb Jahrzehnte stark abgenommen. Dies führt insofern schon zu einer bestimmten Konvergenz, als die Arbeitslosigkeit nicht weiter fallen kann als bis auf nahe Null.

Aber auch unabhängig von der Tatsache, dass die Abnahme in Ostdeutschland allein schon deswegen stärker war, weil der Osten ein sehr viel höheres Ausgangsniveau hatte, fiel dieser Rückgang im Vergleich zum Westen überproportional stark aus. Im Juni des Jahres 2005 war die Arbeitslosenquote im Osten fast doppelt so hoch wie im Westen (20,4 gegenüber 10,8 %, berechnet auf der Grundlage von abhängig Beschäftigten). Im Juni 2018 lag die Relation nur noch ungefähr bei 3 zu 2 (7,4 gegenüber 5,2 %). Neben der allgemeinen Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt haben die Abwanderung aus Ostdeutschland und die demografische Entwicklung in den östlichen Bundesländern zu dieser Entwicklung beigetragen.

Abbildung 3 zeigt die Arbeitslosenquoten nach Kreisen (März 2019) in Prozent. Quelle: Eigene Berechnungen mit der Statistik der Bundesagentur für Arbeit.

Die Arbeitslosigkeit in den Städten ist in der Regel höher als im Umland

Die Arbeitslosenquote unterscheidet sich nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch zwischen Nord und Süd erheblich (siehe Abbildung 3). Der Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt hat dazu geführt, dass in manchen südlichen Regionen praktisch Vollbeschäftigung herrscht. Im März 2019 war Eichstätt Spitzenreiter mit einer Quote von 1,5 Prozent. Derart positive Arbeitsmarktkonstellationen sind aber keineswegs die Regel. Trotz des Aufschwungs verbleiben Regionen mit erheblichen Arbeitsmarktproblemen, vor allem in Nordrhein-Westfalen – hier ist Gelsenkirchen das Schlusslicht mit einer Quote von 13,8 Prozent – und im Osten der Republik, wo die Uckermark mit einer Quote von 12,8 Prozent die höchste Arbeitslosigkeit aufweist.

Das Fortbestehen von ungünstigen regionalen Arbeitsmarktbedingungen ist für die auf Beschäftigung angewiesenen Menschen in den betreffenden Regionen eine erhebliche Belastung. Eine mögliche Abhilfe könnte mehr Mobilität bieten: Warum wandern die Betroffenen nicht in Regionen mit vorteilhafteren Bedingungen ab? Häufig sind Umzüge mit erheblichen Kosten verbunden. Sie können zudem die Sozialbeziehungen der Betroffenen zerreißen, die auch für ihren langfristigen ökonomischen Erfolg wichtig sein können.

Auffällig ist, dass die Arbeitslosigkeit in den Städten in der Regel höher ist als in ihrem Umland. Grundsätzlich ist dies auf verschiedene Prozesse zurückzuführen: Die Arbeitslosigkeit kann in der betreffenden Stadt selbst entstanden sein, zum Beispiel als Folge des Strukturwandels. Das Verarbeitende Gewerbe war vor allem in den Städten konzentriert, die Beschäftigung in diesem Bereich hat jedoch im Laufe der Jahre stark abgenommen. Ein anderer Grund für die Konzentration der Arbeitslosigkeit besteht in dem selektiven Zustrom bestimmter Gruppen von Arbeitskräften, die überdurchschnittliche Arbeitslosigkeitsrisiken aufweisen. Und schließlich gelingt bei sonst gleichen Bedingungen die Aufnahme einer Beschäftigung in den dünner besiedelten ländlichen Gebieten schneller und häufiger, wie eine aktuelle Studie von Peter Haller und Daniel Heuermann zeigt.

Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit wird zu einem großen Teil getrieben durch die Entwicklung der Beschäftigung. Hier hat Ostdeutschland immer noch niedrigere Wachstumsraten bei der Beschäftigung aufzuweisen als der Westen (siehe Abbildung 4). Allerdings erreichen in jüngerer Zeit die Zentren Ostdeutschlands sogar höhere Wachstumsraten als jene im Westen. Dies ist eine erfreuliche Entwicklung, weil die Zentren als „Zugpferde“ für den ländlichen Raum wichtig sind.

Abb 4.: Entwicklung der Beschäftigung in Ost- und Westdeutschland nach Regionaltypen, 2000 bis 2016

In den ländlichen Regionen Westdeutschlands ist die Beschäftigung am stärksten gewachsen

Die Unterschiede zwischen den ländlichen Gebieten sind hingegen beträchtlich. Überraschenderweise sind die ländlichen Gebiete Westdeutschlands die eigentlichen Gewinner der Entwicklung. Von allen Gebietstypen wächst die Beschäftigung dort am stärksten. In den letzten Jahrzehnten haben sich einige Regionen, die früher als ausgesprochen notleidend galten, überproportional verbessert. Dies gilt zum Beispiel für Ostbayern oder für einige Teile Niedersachsens. Andere Regionen, darunter viele ländliche Gebiete in Baden-Württemberg, hatten sich schon früher vergleichsweise günstig entwickelt.

Demgegenüber hinken die ländlichen und die städtischen Gebiete Ostdeutschlands außerhalb der Zentren weit hinterher. Sie stellen die eigentlichen „Problemzonen“ der Republik dar. Zwar zeigt sich dort in jüngerer Zeit ebenfalls eine Aufwärtsentwicklung. Der Beschäftigungszuwachs fällt jedoch weit schwächer aus als bei den anderen Gebietseinheiten. Dies kann auf zwei Faktoren zurückgeführt werden. Einmal sind die ländlichen Gebiete im Osten noch dünner besiedelt und weiter entfernt von Städten als jene des Westens. Zum anderen bieten die Metropolen des Ostens bisher zu wenig „Ausstrahlungsimpulse“, um die ländlichen Gebiete mitziehen zu können.

Warum stellen sich die Zentren des Ostens nicht besser dar? In der 2016 erschienenen Studie von Uwe Blien und Koautoren wird dies letztlich auf die Form der Privatisierung nach der deutschen Vereinigung zurückgeführt. Durch den Verkauf der Ost- an Westfirmen sind die Konzernzentralen und mit ihnen die Entwicklungsabteilungen der Firmen im Westen der Republik konzentriert. Dies trägt dazu bei, dass bis heute kein selbsttragender Aufschwung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt im Osten in Gang kam. Erst in der jüngsten Zeit beginnt sich dies zu ändern, vor allem Berlin mit seiner höchst aktiven Gründerszene entwickelt sich sehr positiv, so dass für die Zukunft Hoffnung besteht.

Fazit

Die Eingangsfrage dieses Artikels ist ein Dauerthema der Regionalforschung. Die Unternehmen eines Wirtschaftsraums entscheiden autonom, wo sie sich niederlassen; sie suchen die für sie günstigsten Bedingungen. Diese Entscheidungen können entweder zum regionalen Ausgleich beitragen oder im Gegenteil regionale Unterschieden verstärken. Im ersten Fall (der „Konvergenz“) wäre eine spezielle Regionalförderung von eher untergeordneter Bedeutung, da sich das Problem regionaler Disparitäten zumindest auf längere Sicht von selbst lösen würde. Im zweiten Fall (der „Divergenz“) käme hingegen der Regionalförderung die wichtige Funktion zu, ein Auseinanderdriften von Regionen zu verhindern.

Wie sich zeigt, gibt es keinen generellen Konvergenzprozess. Die regionalen Einkommen im westlichen Teil der Republik entwickeln sich eher auseinander: Die wohlhabenderen Regionen gewinnen dazu, die ärmeren bleiben zurück. Das für Haushalte festzustellende Auseinanderdriften der Einkommen spiegelt sich in bestimmtem Grade auf regionaler Ebene wider. Für den betrachteten Zeitraum ist keine Tendenz zu erkennen, dass sich einkommensschwache und einkommensstarke Regionen einander annähern würden.

Etwas anders verhält sich dies mit Blick auf die Arbeitslosigkeit: Die Arbeitslosenquoten gingen gerade in ostdeutschen und manchen strukturschwachen Regionen des Westens besonders stark zurück. Ein Teil von Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit verbleibt. Ost und West unterscheiden sich im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit jedoch nicht mehr so stark wie in früheren Zeiten.

Die Arbeitsmärkte von Stadt und Land zeichnen sich jeweils durch spezifische Charakteristika aus. In den Städten sind die Arbeitslosenquoten, aber auch die Einkommen höher als in den ländlichen Räumen. Dies gilt in der Regel auch dann, wenn regionale Preisunterschiede berücksichtigt werden. Allerdings sind die vergleichsweise guten Einkommen in erster Linie auf die Qualität der Arbeitsplätze zurückzuführen, denn in den Zentren gibt es mehr Jobs für gut qualifizierte Arbeitskräfte.

Daten und Methoden

Bei der Beschäftigung und bei den Entgelten dient uns als Datenbasis die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Sie enthält umfassende Angaben für alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Allerdings sind jene Einkommen, die über einer bestimmten Grenze liegen, nämlich oberhalb der „Beitragsbemessungsgrenze“, nur mit dem Wert dieser Grenze registriert (zurzeit mit rund 6.700.- Euro im Monat im Westen der Republik) und nicht mit ihrem wahren, in der Regel höheren Wert. Um Verzerrungen nach unten zu vermeiden, kann man entweder statt des Mittelwertes den sogenannten Median verwenden oder die fehlenden Werte imputieren, d.h. mit einem statistischen Verfahren schätzen. Wir haben beides getan: Bei den Querschnittsanalysen in Tabelle 1 haben wir imputierte Werte (auf der Grundlage eines Tobit-Modells) verwendet.

Bei den Längsschnittanalysen in Abbildung 2 haben wir hingegen nicht das arithmetische Mittel, sondern den Median jedes Kreises angesetzt. Der Median ist der „mittlere“ Wert einer (Einkommens-)Verteilung, ober- und unterhalb liegen jeweils 50 Prozent der Fälle. Die Beitragsbemessungsgrenze ist höher, so dass der Median nicht von der Abschneidung der Verteilung durch die Grenze betroffen wird.

Konvergenz und Divergenz von Regionen: Zur Messung der Entwicklungsrichtung betrachten wir die Streuung der Durchschnittseinkommen von Regionen. Um dazu eine Aussage treffen zu können, orientieren wir uns an einem Konzept, das „Sigma“-Konvergenz genannt wird. Dabei dient einfach ein Streuungsmaß, nämlich die Varianz (genannt Sigma) als Kriterium. Fällt die Varianz der regionalen Medianeinkommen, dann spricht man von Konvergenz, steigt sie, von Divergenz. Wir verwenden eine etwas verfeinerte Version des Messkonzepts, indem die Standardabweichung (dies ist die Quadratwurzel der Varianz) durch den Median des betreffenden Jahres geteilt wird.

Literatur

Blien, Uwe; Möller, Joachim; Phan thi Hong, Van; Brunow, Stephan (2016): Long-Lasting Labour Market Consequences of German Unification. In: Journal of Economics and Statistics, Vol. 236/2, S. 181–216.

Dustmann, Christian; Fitzenberger, Bernd; Zimmermann, Christian (2018): Housing Expenditures and Income Inequality. ZEW Discussion Paper 18-048.

Haller, Peter; Heuermann, Daniel F. (2019): Opportunities and Competition in Thick Labor Markets: Evidence from Plant Closures. In: Journal of Regional Science 2019; S. 123. https://doi.org/10.1111/jors.12460.

Statistisches Bundesamt (2019): Hintergrundpapier zur Revision des Verbraucherpreisindex für Deutschland 2019.

Weinand, Sebastian; von Auer, Ludwig (2019): Anatomy of regional price differentials: Evidence from micro price data. Deutsche Bundesbank Discussion Paper 4.

 

Danksagung

Den Statistischen Ämtern der Republik sei für die Unterstützung bei der Erstellung des regionalen Preisindex gedankt, Anja Rossen für die Berechnung von Löhnen jenseits der Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung.

Autorenvorbehalt

Die geäußerten Ansichten sind die der Autoren und spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Deutschen Bundesbank oder des Eurosystems wider.

 

Blien, Uwe; Phan thi Hong, Van; von Auer, Ludwig; Weinand, Sebastian (2019): Wächst die Kluft zwischen den Regionen?, In: IAB-Forum 4. September 2019, https://www.iab-forum.de/waechst-die-kluft-zwischen-den-regionen/, Abrufdatum: 19. March 2024