Spanien nutzte während der Corona-Krise eine Kurzarbeitsregelung namens „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“. In diesem Interview erläutert Marcel Jansen, außerordentlicher Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Autonomen Universität Madrid (UAM), wie diese Regelung funktionierte, wie sie sich während der Pandemie veränderte und welche Lehren aus den Erfahrungen in Spanien gezogen werden können.

Gab es in Spanien während der Covid-19-Pandemie ein Programm zur Arbeitsplatzerhaltung, um die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Beschäftigung abzufedern?

Artikel 47 des spanischen Arbeitnehmerstatuts beinhaltet eine Kurzarbeitsoption, die „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ (ERTE) genannt wird. Sie kann entweder in Form einer vorübergehenden Verringerung der Arbeitszeit oder einer Aussetzung der Beschäftigung erfolgen. Bereits zu Beginn der Pandemie führte die Regierung eine Sonderregelung für Fälle höherer Gewalt ein, die sich an Unternehmen richtete, die unmittelbar von den Einschränkungen der Mobilität aufgrund des pandemischen Notstands betroffen waren.

Welche Ziele verfolgte die in Spanien währen der Pandemie angewendete Kurzarbeitsregelung und wie funktionierte sie?

„Expediente Temporal de Regulación Empleo“ für Fälle höherer Gewalt bot Unternehmen und Beschäftigen einen Ausgleich für die nicht geleisteten Arbeitsstunden. In der Anfangsphase war die Regelung für die Unternehmen kostenlos, da ihnen 100 Prozent der Sozialversicherungsabgaben erlassen wurden und sie ihre Beschäftigten in Kurzarbeit nicht entlohnen mussten. Die Beschäftigten erhielten Einkommensbeihilfen über Leistungen der Arbeitslosenversicherung.

Ab dem Sommer 2020 war der Ausgleich für die Unternehmen nicht mehr kostenlos. Die Regierung verringerte schrittweise die Reduzierung der Sozialversicherungsabgaben. Für die im März 2020 ins Leben gerufene Regelung „Expediente Temporal de Regulación Empleo“ wurde sie schließlich Ende 2021 auf null reduziert.

In Spanien gibt es bereits seit Jahrzehnten Programme zur Erhaltung von Arbeitsplätzen in Krisenzeiten.

 Hatte Spanien bereits vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie Erfahrungen mit Kurzarbeitsprogrammen?

In Spanien gibt es bereits seit Jahrzehnten Programme zur Erhaltung von Arbeitsplätzen in Krisenzeiten. Vor der Pandemie wurden sie jedoch nur in sehr geringem Umfang in Anspruch genommen – selbst während der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008 bis 2014. Anfang März 2020 führte die Regierung eine spezielle „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“-Regelung für Fälle höherer Gewalt ein, die den Schutz der Beschäftigten verbesserte und den Zugang für alle von den Mobilitätsbeschränkungen betroffenen Unternehmen vereinfachte. Die wichtigsten Unterschiede zur Standardregelung: Alle Beschäftigten der anspruchsberechtigten Unternehmen haben Anspruch auf Unterstützung, unabhängig von der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit oder der Art des Arbeitsvertrags; außerdem war der Erlass der Sozialversicherungsabgaben – zumindest anfangs – für die Unternehmen kostenlos.

Hat sich die Höchstdauer des Leistungsbezugs während der Krise verändert?

Beschäftigte in Kurzarbeit erhalten Arbeitslosengeld. Die Höchstbezugsdauer dieser Leistungen beträgt normalerweise zwei Jahre für Beschäftigte, die mindestens sechs Jahre lang Beiträge gezahlt haben. Während der Corona-Pandemie wurde jedoch die bis dato erforderliche Mindestbeitragsdauer abgeschafft – alle, die aufgrund höherer Gewalt Leistungen der „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ in Anspruch nahmen, erhielten für die nicht geleisteten Arbeitsstunden eine Leistung in Höhe von 70 Prozent ihres letzten Gehalts, höchstens jedoch rund 1.100 EUR. Im Gegensatz zu den regulären Leistungen der Arbeitslosenversicherung blieb auch die Ersatzrate über den gesamten Zeitraum konstant. Darüber hinaus hatte der Leistungsbezug aufgrund von Kurzarbeit während der Pandemie keinen Einfluss auf den künftigen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Dauer des Leistungsbezugs war zunächst an die Dauer des pandemiebedingten Ausnahmezustands gebunden. Als dieser im Juni 2020 aufgehoben wurde, wurde die Regelung für Fälle höherer Gewalt regelmäßig verlängert, wodurch die Leistungsansprüche der Beschäftigten in Kurzarbeit erhalten blieben.

Der erweiterte Schutz des „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ für Fälle höherer Gewalt besteht weiterhin.

Für die reguläre “Expediente Temporal de Regulación de Empleo”-Regelung (ERTE ETOP), die für Arbeitsausfälle gedacht ist, welche auf wirtschaftlichen, technischen, organisatorischen oder produktionsbezogenen Ursachen basieren, sind die Regelungen zum Leistungsbezug nun wieder so wie vor der Krise. So haben Beschäftigte in Kurzarbeit nur dann Anspruch auf Leistungen, wenn sie mindestens zwölf Monate lang Sozialversicherungsbeiträge gezahlt haben. Die Höchstbezugsdauer beträgt zwei Jahre. Der erweiterte Schutz des „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ für Fälle höherer Gewalt besteht weiterhin. Mit der Arbeitsmarktreform von 2021 wurde die Regelung für Fälle höherer Gewalt aufgrund behördlicher Beschränkungen oder Hemmnisse konsolidiert und eine neue Form der wirtschafts- oder branchenweiten Kurzarbeit namens „Mecanismo RED“ eingeführt. Die Regierung kann dieses Instrument in zwei Fällen einsetzen: bei einem starken gesamtwirtschaftlichen Rückgang der Geschäftstätigkeit oder bei einem Strukturwandel auf Branchenebene, der die Fortbildung oder Umschulung eines erheblichen Teils der Belegschaft erfordert. In beiden Fällen haben Beschäftigte Anspruch auf denselben erhöhten Schutz wie im Fall von „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ für Fälle höherer Gewalt, während für Unternehmen die Sozialversicherungsbeiträge großzügig um bis zu 100 Prozent reduziert werden.

Wie haben sich die Anspruchsvoraussetzungen während der Covid-19-Pandemie verändert?

Während der Pandemie wurden alle Anspruchsvoraussetzungen für Beschäftigte vorübergehend ausgesetzt. Alle Beschäftigten eines anspruchsberechtigten Unternehmens hatten einen Leistungsanspruch, unabhängig von der Beschäftigungsdauer oder der Art des Arbeitsvertrags. Darüber hinaus führte die Regierung eine besondere Unterstützungsregelung für Personen mit so genannten unterbrochenen unbefristeten Verträgen ein, die zum Zeitpunkt der Ausrufung des pandemiebedingten Notstands nicht erwerbstätig waren. Infolgedessen hatten alle Beschäftigte Anspruch auf Unterstützung, aber in der Praxis schlossen Unternehmen häufig befristet Beschäftigte von der Kurzarbeit aus. Alle Unternehmen, die den von der Regierung auferlegten Beschränkungen unterlagen, konnten „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ für Fälle höherer Gewalt beantragen. Irgendwann wurde den Verlängerungsanträgen eine vollständige Liste der Codes der nationalen Klassifikation der Wirtschaftszweige (Clasificación Nacional de Actividades Económicas (CNAE)) beigefügt, die aufgrund höherer Gewalt anspruchsberechtigt waren. Die übrigen Unternehmen konnten die Standardleistungen beantragen, wenn die Pandemie für sie zu einer wirtschaftlichen Notlage führte. Neben der „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“-Regelung führte der Staat auch Leistungen für Selbstständige ein.

 Alle Beschäftigte hatten Anspruch auf Unterstützung, aber in der Praxis schlossen Unternehmen befristet Beschäftigte häufig von der Kurzarbeit aus.

Wie hat sich das Leistungsniveau der Regelung während der Krise verändert?

Die Regierung behielt die Lohnersatzrate während der gesamten Pandemie bei 70 Prozent bei, der Höchstbetrag lag bei 1.098 Euro pro Monat. Eltern mit unterhaltsberechtigten Kindern erhielten einen zusätzlichen Zuschuss von rund 150 Euro pro Monat für ein Kind und rund 350 Euro pro Monat für zwei oder mehr Kinder. Unternehmen sind nicht verpflichtet, die Leistungen aufzustocken, und auch die Tarifverträge verpflichten sie nicht dazu.

Wie finanziert sich das „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“-System?

Normalerweise werden die Leistungen aus den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung finanziert. Während der Pandemie hingegen wurden die Leistungen größtenteils aus allgemeinen Mitteln gezahlt. Diese wiederum wurden finanziert über staatliche Schuldenaufnahme und über Darlehen, die im Rahmen des “Europäischen Programms zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Krise” (European programme for temporary Support to mitigate Unemployment Risks in an Emergency (SURE)) ausgereicht wurden.

Die Regierung hat zudem zugesagt, einen Fonds einzurichten, aus dem die künftigen Leistungen im Zusammenhang mit dem neu geschaffenen Kurzarbeitsprogramm „Mecanismo RED“ finanziert werden sollen. Die Einzelheiten sind noch unklar, aber grundsätzlich beabsichtigt die Regierung, die Überschüsse aus der Arbeitslosenversicherung als Hauptfinanzierungsquelle heranzuziehen.

Was war die höchste Nutzungsquote in den Jahren 2020 und 2021?

Die Zahl der Beschäftigten, die „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ in Anspruch nahmen, erreichte Ende April 2020 einen Höchststand von knapp 3.600.000, was 23,5 Prozent der Beschäftigten in der Privatwirtschaft entsprach. Bei knapp 3.200.000 dieser Beschäftigten wurden die Arbeitsverträge ausgesetzt. Im Jahr 2021 wurde die Höchstzahl im Januar mit knapp 930.000 Personen oder sechs Prozent erreicht.

Die Auflagen zur Verhinderung von Missbrauch sind nicht nur im internationalen Vergleich sehr streng, sondern auch viel strenger als die der üblichen Kurzarbeitsregelung, die vor der Pandemie galt.

Gibt es Maßnahmen, um Mitnahmeeffekte und Missbrauch zu verhindern und so sicherzustellen, dass nur Unternehmen finanzielle Unterstützung erhalten, die tatsächlich anspruchsberechtigt sind?

Die Regierung hat den Unternehmen von Anfang an strenge Auflagen gemacht. Die geförderten Unternehmen durften bis sechs Monate nach der Reaktivierung des ersten Beschäftigten, der in Kurzarbeit war, keinen der geförderten Beschäftigten entlassen. Jedes Unternehmen, das gegen diese Auflage verstieß, musste die gesamten Leistungen und reduzierten Sozialversicherungsbeiträge für alle seit Förderbeginn in Kurzarbeit Beschäftigten zurückzahlen. Die Unternehmen durften weder andere Personen einstellen noch von ihren aktiven Beschäftigten verlangen, Überstunden zu leisten. Diese Auflagen sind nicht nur im internationalen Vergleich sehr streng, sondern auch viel strenger als die, die im Rahmen der üblichen Kurzarbeitsregelung vor der Pandemie galten.

Hinzu kommt, dass, wie bereits erwähnt, die Regelung „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ nach mehreren Monaten für Unternehmen nicht mehr kostenlos war. Die Befreiung von der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge wurde schrittweise von 100 Prozent auf 0 Prozent gesenkt. Die komplette Befreiung von Sozialversicherungsbeiträgen wurde nur für Unternehmen beibehalten, die ihre Geschäftstätigkeit aufgrund von Lockdowns in den nachfolgenden Covid-19-Wellen einstellen mussten.

 Nach Aufhebung des pandemiebedingten Ausnahmezustands durften Beschäftigte in Kurzarbeit ihr Einkommen durch Teilzeitarbeit bei anderen, nicht geförderten Unternehmen aufstocken.

Hat das Unterstützungssystem Ihrer Meinung nach die notwendigen Reallokationsprozesse in der Wirtschaft verlangsamt?

Diese Frage lässt sich aktuell nicht eindeutig beantworten, da bislang keine systematische Evaluation dazu vorliegt. . Aber man kann sagen, dass die Behörden vergleichsweise große Anstrengungen unternommen haben, um solche Verzögerungen zu vermeiden. Spanien gehörte zu den ersten Ländern, die die Großzügigkeit der Regelungen für Unternehmen reduziert haben. Im Sommer 2020 hatten wir eine großzügige Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge für aus der Kurzarbeit reaktivierte Beschäftigte eingeführt. Zeitweise waren die Beitragsrabatte für reaktivierte Beschäftigte sogar größer als für Beschäftigte, die in Kurzarbeit blieben. Weiterhin durften Personen in Kurzarbeit nach Aufhebung der pandemiebedingten Notlage ihr Einkommen durch Teilzeitarbeit bei anderen, nicht geförderten Unternehmen aufstocken.

Nicht zuletzt ist es wichtig zu erwähnen, dass die Dauer der „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“-Regelung ursprünglich an die Dauer der offiziellen pandemiebedingten Notlage gekoppelt war. Folglich musste sie alle zwei Wochen erneuert werden. Ab Sommer 2020 wurde die Geltungsdauer der Regelung in regelmäßigen Abständen um bis zu mehrere Monate verlängert. Ganz anders als in anderen EU-Mitgliedstaaten, wo die maximale Laufzeit bis zu zwei Jahre betrug.

In der Endphase der Pandemie gewährte die Regierung den Leistungsempfängern bevorzugten Zugang zu Weiterbildungen durch die öffentliche Arbeitsverwaltung.

Besteht für Unternehmen ein finanzieller Anreiz, ihren Beschäftigten während des Leistungsbezugs eine betriebliche Weiterbildung anzubieten?

Vor der Pandemie gab es weder finanzielle Anreize für Weiterbildungen, noch waren die Unternehmen gesetzlich verpflichtet, Beschäftigten in Kurzarbeit Weiterbildungen anzubieten. In der Endphase der Pandemie gewährte die Regierung den Leistungsempfängern bevorzugten Zugang zu Weiterbildungen durch die öffentliche Arbeitsverwaltung.

Künftig müssen Unternehmen einen Weiterbildungsplan vorlegen, wenn sie im Rahmen der neu geschaffenen Kurzarbeitsregelungen auf Branchenebene („Mecanismo RED“) Leistungen beziehen wollen. Das Gesetz sieht vor, dass die Kosten dafür aus demselben Fonds erstattet werden, aus dem auch die Leistungen im Rahmen der RED-Regelung finanziert werden. Der Umfang und die Dauer dieser Weiterbildungsanreize sind jedoch derzeit noch unklar.

Während die Teilnahme von Beschäftigten an Weiterbildungsmaßnahmen während der Pandemie erheblich zunahm, bleibt unklar, inwieweit diese zusätzlichen Weiterbildungsaktivitäten ursächlich auf die Maßnahmen der Regierung zurückzuführen sind.

Gab es Anreize für Leistungsempfangende, sich einen neuen Arbeitsplatz zu suchen?

Ja. Auf Empfehlung externer Sachverständiger führte die Regierung die Möglichkeit ein, dass Beschäftigte in Kurzarbeit eine bezahlte Teilzeitbeschäftigung in anderen Unternehmen ausüben können, die keine Beschäftigten in Kurzarbeit haben. Da dieses zusätzliche Gehalt nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet wurde, stellte diese Option tatsächlich einen starken wirtschaftlichen Anreiz für Beschäftigte dar, andere Stellen anzunehmen.

Das spanische Programm zur Erhaltung von Arbeitsplätzen stützte sich auf die Erfahrungen mit einem kleinen Schutzprogramm für Beschäftigte einer abgebrannten Fabrik in der spanischen Stadt Burgos.

Wie beurteilen Sie allgemein die Wirksamkeit der Programme zur Arbeitsplatzerhaltung, mit denen die Auswirkungen der Krise auf den spanischen Arbeitsmarkt abgefedert werden sollen?

Die Regelung „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ war auf jeden Fall ein Erfolg, auch wenn sie zu starr war und ihre zahlreichen Verlängerungen bei den Unternehmen ein hohes Maß an Unsicherheit hervorgerufen haben. Ein Indiz für den Erfolg dieser Regelung ist die schnelle Rückkehr der Gesamtbeschäftigung auf das Niveau vor der Pandemie. Zum ersten Mal in der Geschichte Spaniens sank die Beschäftigung deutlich weniger als die Produktion. Es gibt keine detaillierten Informationen über den Anteil der Beschäftigten, die bei ihrem ursprünglichen Unternehmen geblieben sind. Gleichwohl deuten die verfügbaren Daten darauf hin, dass er vergleichbar ist mit der Situation in anderen Ländern.

Das spanische Programm zur Erhaltung von Arbeitsplätzen für Fälle höherer Gewalt wurde innerhalb weniger Tage nach dem Lockdown eingeführt. Es stützte sich auf die Erfahrungen mit einer Regelung, die im kleinen Rahmen konzipiert worden war, um die Beschäftigten einer Fabrik in der spanischen Stadt Burgos abzusichern, die einige Jahre vor der Pandemie abgebrannt war. Die Leistungen wurden von der öffentlichen Arbeitsverwaltung an die Beschäftigten und nicht an die Unternehmen ausgezahlt. Dies führte zu erheblichen Verzögerungen bei der Auszahlung der Leistungen. Im Gegensatz dazu wurden die Anträge innerhalb von höchstens fünf Tagen entweder durch eine eindeutige Entscheidung der öffentlichen Arbeitsverwaltung oder durch eine stillschweigende administrative Zustimmung entschieden.

Der Regierung wurde wiederholt geraten, zu einem System überzugehen, in dem die Zahlungen an die Beschäftigten durch die Unternehmen erfolgen, nicht durch die öffentliche Verwaltung. In diesem System sind Verzögerungen deutlich unwahrscheinlicher, und die öffentliche Arbeitsverwaltung muss keine Überweisungen an einzelne Beschäftigte vornehmen. Die Regierung hat während der Pandemie davon abgesehen, diese Umstellung vorzunehmen. Auch in der Reform von 2021 ist sie nicht vorgesehen.

Die Reform zielt darauf ab, die Verfahren für die verschiedenen Arten von „Expediente Temporal de Regulación de Empleo” zu harmonisieren. Außerdem war es mit den bisherigen Verfahren einfacher, einen Vertrag auszusetzen, als die Arbeitszeit während der Pandemie zu reduzieren. Die Reform behebt dieses Problem und gibt der Arbeitszeitreduzierung den Vorzug vor der Vertragsaussetzung.

Wann sollen die während der Pandemie eingeführten Sonderregelungen auslaufen ?

Im Falle der „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“-Regelung, die zu Beginn der Pandemie eingeführt wurde, hat die Regierung die Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge schrittweise auf null reduziert. Darüber hinaus mussten Ende 2021 alle verbleibenden Unterstützungen dieser Art erneuert werden, sodass die Unternehmen verpflichtet waren, ihre Beschäftigten nach Beendigung des Programms für weitere sechs Monate zu behalten. Für die Unternehmen, die noch dieser Verpflichtung unterlagen, da sie den ersten Beschäftigten weniger als sechs Monate vor der Verlängerung reaktiviert hatten, kam der Sechsmonatszeitraum zu ihrem verbleibenden Verpflichtungszeitraum hinzu. Die Erneuerung bedeutete auch eine Rückkehr von „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ für Fälle höherer Gewalt zur regulären Regelung aufgrund von wirtschaftlichen Gründen (ETOP).

Mit Ausnahme einiger weniger verbliebener Reisebüros sind inzwischen alle Kurzarbeitsregelungen für Fälle höherer Gewalt ausgelaufen. Bereits im Jahr 2021 war die Zahl der Regelungen für Fälle höherer Gewalt infolge von behördlich auferlegten Einschränkungen eingeschränkt worden. Das Auslaufen der Regelungen impliziert, dass die Behörden bei einer künftigen Covid-19-Welle oder einer anderen Pandemie automatisch das Kurzarbeit-Programm aktivieren können.

Gibt es eine politische Debatte darüber, ob Elemente eines „Experience Ratings“, also höherer Beiträge bei verstärkter Inanspruchnahme von Leistungen, in das nationale System zur Erhaltung von Arbeitsplätzen aufgenommen werden sollen?

Im Moment steht die Frage des „Experience Ratings“ nicht auf der Tagesordnung. Die Leistungen für das reguläre „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“, kurz ETOP, werden als reguläre Leistungen der Arbeitslosenversicherung ausgezahlt, und die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung unterliegen in Spanien keinem Experience Rating. Was den neu geschaffenen „Mecanismo RED“ betrifft, so beabsichtigt die Regierung, die Überschüsse aus dem Versicherungssystem in einen Fonds zu überführen. Auch in diesem Fall gibt es keine Hinweise auf Pläne für ein Experience Rating.

Welche Lehren können aus dem Einsatz von „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ während der Covid-19-Krise in Spanien gezogen werden?

Die ausgezeichneten Erfahrungen mit der spanischen Regelung während der Pandemie sollte die Politik dazu ermuntern, die Regelung in ihren Standardinstrumentenkasten aufzunehmen. Es könnte auch eine gute Idee sein, dem spanischen Beispiel zu folgen und Bestimmungen für Kurzarbeit mit erhöhtem Schutz zu schaffen, die unter besonders ungünstigen Bedingungen aktiviert werden können.

Allerdings ist die „Expediente Temporal de Regulación de Empleo“ ein Instrument, um auf einen starken, vorübergehenden Nachfragerückgang zu reagieren. Es sollte nicht eingesetzt werden, wenn Unternehmen oder ganze Branchen aufgrund struktureller Veränderungen in der Wirtschaft ohnhein schrumpfen müssen, wie es beispielsweise in der Rezession von 2008 der Fall war.

Schließlich zeigen die Erfahrungen in Spanien, dass es ein klares Spannungsfeld zwischen der Strenge der Vorschriften und der Inanspruchnahme des Programms gibt. In der Praxis bot die Kurzarbeit Beschäftigten mit unbefristeten Verträgen einen hervorragenden Schutz, während viele atypisch Beschäftigte nur unzureichend geschützt waren. Über eine Million Beschäftigte mit befristeten Verträgen verloren im März 2020 ihren Arbeitsplatz, da die Unternehmen es vorzogen, sie nicht in die Regelungen mit einzubeziehen. Es wäre besser gewesen, wenn sie dies getan hätten.

Zur Person

Marcel Jansen ist außerordentlicher Professor an der Autonomen Universität Madrid, Forscher am Fedea und Research Fellow am Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA). Seine Hauptforschungsinteressen liegen in den Bereichen Arbeitsökonomie, Bildungsökonomie und Makroökonomie. Er war als Berater für die OECD, die Europäische Kommission, die Weltbank und die Interamerikanische Entwicklungsbank tätig.

 

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20230509.01

 

Winters, Jutta (2023): „Über eine Million befristet Beschäftigte verloren zu Beginn der Pandemie ihren Arbeitsplatz, weil Unternehmen sie nicht zur Kurzarbeit anmelden wollten“, In: IAB-Forum 9. Mai 2023, https://www.iab-forum.de/ueber-eine-million-befristet-beschaeftigte-verloren-zu-beginn-der-pandemie-ihren-arbeitsplatz-weil-unternehmen-sie-nicht-zur-kurzarbeit-anmelden-wollten/, Abrufdatum: 30. April 2024