Das deutsche Förderprogramm „50plus – Beschäftigungspakte für Ältere in den Regionen“ für Langzeitarbeitslose diente als Vorbild für die Entwicklung einer Aktivierungsstrategie älterer Arbeitsloser in der polnischen Region Kujawsko-Pomorskie. Das Projekt der Nikolaus Kopernikus Universität Torun in Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren der Arbeitsverwaltung zielte darauf ab, die positiven deutschen Erfahrungen mit diesem Förderprogramm auf die Situation in Polen zu übertragen. Bei einem Workshop im IAB wurden jetzt die Forschungsergebnisse vorgestellt.

Ähnlich wie in Deutschland konnte die Arbeitslosenquote in Polen deutlich gesenkt werden, so dass nun die Probleme bei der Integration von Langzeitarbeitslosen auch dort stärker in den Fokus gerückt sind. Bei einem gemeinsamen Workshop des IAB mit der Nikolaus Kopernikus Universität Torun am 11. Juli 2018 in Nürnberg berichtete IAB-Forscherin Dr. Katja Wolf, warum die Wiederbeschäftigung älterer Arbeitslosen in Deutschland eine Herausforderung darstellt, so dass besondere Maßnahmen für diese Gruppe angezeigt sind.

Aus Sicht von Vermittlungsfachkräften in den Agenturen für Arbeit erschweren in erster Linie gesundheitliche Einschränkungen, geringe oder veraltete IT-Kenntnisse, die Einschränkung der örtlichen Mobilität, Vorbehalte von Unternehmen gegenüber Älteren und familiäre Verpflichtungen die Integration älterer Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt.

Zudem halten Vermittlungsfachkräfte, die für eine aktuelle IAB-Studie befragt wurden, eine Beratung sowohl der betroffenen Arbeitslosen als auch der Unternehmen für geeignet, um die Beschäftigungsfähigkeit Älterer zu erhöhen. Zudem könnten Lohnzuschüsse für Ältere die Anreize erhöhen, in Beschäftigung zurückzukehren.

Die für diese Studie befragten Vermittlungsfachkräfte wünschen sich gegenüber der bisherigen Praxis unter anderem eine Anpassung des Betreuungsschlüssels für die Arbeit mit Älteren, spezielle Beratungsangebote für Ältere (vergleichbar mit Angeboten für Wiedereinsteigende) und mehr Zeit für die Beratung und Betreuung dieser Personengruppe.

Aktvierungsstrategie wurde in unterschiedlichen Typen von Regionen getestet

Professor Zenon Wiśniewski von der Nikolaus Kopernikus Universität Torun, der das Projekt zur Entwicklung einer Aktivierungsstrategie älterer Arbeitsloser in der polnischen Region leitet, zeigte in seinem Beitrag, wie die Aktivierungsstrategie dort in unterschiedlichen Typen von Regionen getestet wurde.

Für die Studie wurden die Stadt Torun, die eine moderne, post-industrielle Wirtschaftsstruktur mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit aufweist, die Stadt Grudziądz mit einer veralteten Industriestruktur und der ländlichen Kreis Włocławek, der durch Landwirtschaft, eine veraltete Struktur, hohe Arbeitslosigkeit und niedrige Löhne geprägt ist, ausgewählt. Es gelang in allen Regionen, den Anteil der erfolgreichen Einmündung in Beschäftigung durch den Einsatz eines Bündels von Maßnahmen stark zu erhöhen.

Dr. Monika Wojdyło und Dr. habil. Michał Moszyński von der Universität Torun stellten die von der Projektgruppe durchgeführten Fallstudien in der ländlichen Region Włocławek vor. Von den hierfür befragten Arbeitslosen und Beratern erhielten Gesundheitschecks, Coaching, Kurse zum Selbstmarketing und zur Förderung der individuellen Entwicklung sowie die Möglichkeit medizinischer Ausstattung für die Arbeitsaufnahme und die Förderung der Mobilität die besten Noten. Aber auch Standardformen der Förderung von beruflicher Aktivierung wie Berufsberatung, Arbeitsvermittlung und Fortbildung wurden als sehr effektiv bewertet.

Der Erfolg ist dabei stets abhängig von der Mitarbeit der Probanden. Deshalb wurde auch eine Internetplattform aufgebaut, die derzeit allerdings wegen nicht ausreichender IT-Kenntnisse (noch) nicht im wünschenswerten Umfang genutzt wird.

(Weiter-)Beschäftigung älterer Arbeitnehmer wurde in Betrieben der Chemieindustrie untersucht

Für Deutschland wurden die Einstellung und (Weiter-)Beschäftigung älterer Arbeitnehmer in Betrieben der Chemieindustrie in Fallstudien und einer repräsentativen Betriebsbefragung untersucht. Dabei handelt es sich um ein Kooperationsprojekt des IAB mit der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, das von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde. Die Chemiebranche gilt als Vorreiterbranche in Sachen Demografie, weil dort seit längerem Demografie-Tarifverträge gelten und der Anteil der Betriebe mit Maßnahmen für Ältere relativ hoch ist.

Lutz Bellmann, Leiter des Forschungsbereichs „Betriebe und Beschäftigung“ am IAB und Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, stellte im Workshop zentrale Projektergebnisse vor. Besonders effektive betriebliche Maßnahmen sind danach altersgemischte Teams, die Einbeziehung älterer Beschäftigter in Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, betriebliche Weiterbildungsaktivitäten sowie Angebote, auch nach Renteneintritt weiterhin für den Betrieb tätig zu sein.

Betriebliche Weiterbildungsaktivitäten sind insofern von besonderer Bedeutung, weil die Bewerber aus Sicht der Betriebe oftmals nicht die erforderliche Qualifikation aufweisen. Mit anderen Worten: Nicht die Flexibilität und Belastbarkeit Älterer, sondern das Fehlen der passenden Qualifikation ist das größte Hindernis für die Einstellung Älterer.

Foto: IAB/Jutta Palm-Nowak

Bellmann, Lutz (2018): Strategien der beruflichen Aktivierung von älteren Arbeitslosen in Polen, In: IAB-Forum 20. Juli 2018, https://www.iab-forum.de/strategien-der-beruflichen-aktivierung-von-aelteren-arbeitslosen-in-polen/, Abrufdatum: 19. April 2024