„Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt’s einen, der die Sache regelt“, weiß der Volksmund. Was aber, wenn es zwei gleichzeitig sind, die die Sache regeln wollen? Silke Anger und Ute Leber haben im IAB die Probe aufs Exempel gemacht. Als Anger, Leiterin des Forschungsbereichs “Bildung, Qualifizierung und Erwerbsverläufe”, aus der Elternzeit zurückkehrte, wollte sie mit einer Teilzeitbeschäftigung wieder einsteigen. Seit gut einem Jahr bilden sie und Leber, die zuvor ihre Elternzeitvertretung wahrgenommen hatte, nun ein Führungstandem. Hier schildern beide ihre Erfahrungen mit diesem für das IAB neuen Modell des Jobsharing.

Als wir vor gut einem Jahr mit unserem Führungstandem starteten, war das Modell der geteilten Führungsverantwortung nicht nur für uns und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Forschungsbereichs neu, sondern auch für das IAB. Obwohl vielfältige Arbeitszeitmodelle existieren, um den Wunsch nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen, gab es bislang in der Geschichte des Instituts kein entsprechendes Modell für Führungskräfte. Demnach konnten wir – ebenso wenig wie die Institutsleitung und die Personalabteilung – auf die Erfahrungen anderer zurückgreifen. Die Einführung unseres Führungstandems war somit ein Stück Pionierarbeit, die eine Reihe von Hürden, aber auch zahlreiche Chancen mit sich bringt.

Nach anfänglicher Unsicherheit und damit einhergehenden Startschwierigkeiten sind wir mittlerweile überzeugt davon, dass unser Modell erfolgreich sein kann. Damit das gemeinsame Führen gut funktioniert, sollten Führungstandems aber verschiedene Aspekte beachten.

Es braucht eine gute Vorbereitung, …

Schon vor der Teilung der Führungsposition sollte man sich ausreichend Zeit nehmen, um das gemeinsame Modell vorzubereiten. Hier gilt es zum einen, Aufgabengebiete zu definieren und Zuständigkeiten abzugrenzen. Zum anderen sollte frühzeitig eine gemeinsame Strategie festgelegt und Ideen entwickelt werden, welche Ziele mit dem Bereich langfristig verfolgt werden sollen. Auch wenn die Ansichten nicht immer in allen Punkten identisch sein müssen, ist es wichtig, nach außen eine gemeinsame Meinung zu vertreten und an einem Strang zu ziehen, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Eine offene Gesprächsatmosphäre ist hier die Grundvoraussetzung. Schließlich müssen die unterschiedlichen Zuständigkeiten im Haus selbst klar kommuniziert werden.

…regelmäßigen Informationsaustausch…

In der täglichen Arbeit ist es vor allem wichtig, dass sich das Führungsduo ausreichend Zeit für die Abstimmung nimmt. Auch wenn dies im Tagesgeschäft nicht immer einfach ist, sollten feste Termine geblockt werden, um sich gegenseitig über relevante Entwicklungen informieren und weitere Schritte besprechen zu können. Doch auch außerhalb dieser festen Termine ist ein regelmäßiger Informationsaustausch erforderlich. Nachrichten, die nur an eine Führungspartnerin adressiert sind, müssen zeitnah an die andere weitergeleitet werden. Aber auch hier steckt der Teufel im Detail. Das Teilen sämtlicher Informationen führt schnell zu einer Informationsüberflutung. Ein angemessenes Maß muss gefunden werden.

…und ein begleitendes Coaching.

Auf den ersten Blick erscheinen viele dieser Aspekte banal, jedoch stellen sie im Führungsalltag oftmals echte Herausforderungen dar. Hier hilft ein Team-Coaching, das die beiden Führungspersonen, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die neue Situation vorbereitet und auch nach der Einführung des Tandems begleitet.

Für uns ist in diesem Zusammenhang das Tandem-Coaching durch eine Senior Expertin der Führungsakademie in Lauf sehr hilfreich. Hier werden wir für wichtige Themen sensibilisiert, lernen aber auch, wie wir konstruktiv mit Konflikten umgehen können, die durch die ungewohnte Situation der gemeinsamen Führung entstehen. Zudem erhalten wir praktische Tipps, wie wir unsere tägliche Arbeit erleichtern können. Dazu gehört beispielsweise das Einrichten gemeinsamer Ablagen oder Kalender.

Gestärkt hat uns darüber hinaus die regelmäßige Beratung durch die Gleichstellungsbeauftragten des IAB. Wertvolle Hinweise kommen außerdem von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unserem Forschungsbereich, deren Unterstützung ebenfalls zum Erfolg unseres neuen Modells beigetragen hat. Wichtig ist es uns, nicht nur im Rahmen institutionalisierter Mitarbeitergespräche, sondern auch im informellen Austausch Feedback einzuholen und offen für Kritik zu sein.

Es gibt noch Hürden, …

Nach wie vor gibt es einige Hürden bei der Teilung unserer Führungsposition. Eine institutionelle Verankerung der Teilung von Führungsverantwortung existiert bisher nicht.

…aber die Vorteile überwiegen.

Trotz allem sind wir zuversichtlich, dass das Tandemmodell Zukunft hat. Gelingt es, das Führungstandem erfolgreich umzusetzen, kann ein solches Modell aus unserer Sicht großen Mehrwert für alle Beteiligten haben: Uns ermöglicht es, Familie und Beruf miteinander in Einklang zu bringen. Unserem Bereich bringt das Tandem vielfach mehr Effizienz. Die komparativen Vorteile beider Führungspartnerinnen können optimal genutzt werden. In gemeinsamen Besprechungen eröffnen sich oft neue Aspekte, die eine allein möglicherweise nicht bedacht hätte.

Einen Teil des Personalbudgets verwenden wir, um gemeinsam etwas mehr als eine Vollzeitstelle auszufüllen. Dadurch sind wir für andere besser erreichbar und nehmen uns mehr Zeit für sie, als dies allein möglich wäre.

Das IAB kann sich zudem als familienfreundlicher Arbeitgeber positionieren. Das kann in der Zukunft entscheidende Vorteile im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte bringen.

Vor diesem Hintergrund wünschen wir uns, dass Führungstandems im IAB, aber auch in der Bundesagentur, stärker als bisher institutionalisiert werden. Erste Schritte in diese Richtung sind bereits getan. Durch unser Modell möchten wir auch andere  dazu ermuntern, offen für ein solches Konzept zu sein.

 

Es handelt sich um eine leicht abgewandelte Version eines Beitrags, der bereits in Ausgabe 30 (April 2017) der Führungsakademie Lauf der Bundesagentur für Arbeit erschienen ist.