Fast acht Prozent aller erwerbsfähigen Personen in Deutschland beziehen Hartz-IV-Leistungen. Entweder weil sie keinen Job finden oder weil sie trotz Arbeit nicht genug verdienen, um sich und ihre Familie ernähren zu können. Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um sogenannte Aufstocker, die ihr Einkommen um zusätzliche Hilfeleistungen ergänzen müssen. Neben finanziellen Einschränkungen kann der Hartz-IV-Bezug auch mit einer Reihe weiterer Probleme verbunden sein, wie der Blick auf den Gesundheitszustand von Leistungsbeziehern belegt. Mithilfe der Befragung „Lebensqualität und soziale Sicherung“ lässt sich untersuchen, inwiefern sich der Gesundheitszustand von Erwerbstätigen, die keine zusätzlichen Leistungen beziehen, Aufstockern und Arbeitslosen unterscheidet.

Dazu wurden die Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer nach ihrer Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit befragt. Diese sollten sie auf einer Skala von 0 bis 10 einschätzen. Dabei galt: je höher der Wert, desto besser die Gesundheit. Ein Ergebnis ist, dass Erwerbstätige viel zufriedener mit ihrer Gesundheit sind als Arbeitslose. Aufstocker stehen mit ihrer Einschätzung der Gesundheit zwischen Erwerbstätigen, die keine Leistungen beziehen, und Arbeitslosen (siehe Abbildung).
Grafik "Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit- Ergebnisse der Pass-Befragung"

Unterschiedliche Einschätzungen können verschiedene Ursachen haben

Für diese Unterschiede lassen sich verschiedene Gründe finden. Zum einen ist es bei vielen Erkrankungen natürlich schwieriger, einen neuen Job zu finden. So kann jemand mit Rückenproblemen keine schwere körperliche Arbeit mehr verrichten. Wenn die betroffenen Personen aber einst genau für solche Berufe ausgebildet wurden, führt ihre geringere Leistungsfähigkeit dazu, dass Arbeitgeber sie heute nicht mehr einstellen. Mit dieser Problematik werden auch ältere Personen häufig konfrontiert. Da sie für gewöhnlich körperlich weniger fit sind als jüngere, schließen Arbeitgeber oft schon aufgrund ihres Alters auf eine verringerte Leistungsfähigkeit. Ein anderer Grund kann sein, dass Arbeitnehmer, die öfter krank sind, häufiger ihren Job verlieren als solche, die fast nie krankgeschrieben sind. Außerdem kommt hinzu, dass Arbeitslosigkeit zu einer Verschlechterung der Gesundheit beitragen kann. So ist etwa bekannt, dass sich Geldsorgen negativ auf die psychische Gesundheit auswirken. Ein Job bietet so also mehr Nutzen als nur das Einkommen. Er strukturiert beispielsweise den Tagesablauf und sorgt für tägliche Begegnungen mit Menschen außerhalb des eigenen Haushaltes. Er führt außerdem zu regelmäßiger körperlicher Betätigung – auch wenn es nur der Weg zur Arbeitsstätte ist. Arbeit gibt Menschen schließlich das Gefühl, an der Erreichung eines größeren Ziels beteiligt zu sein. Wenn all das auf einmal wegfällt, werden auch gesundheitliche Probleme wahrscheinlicher.

Trotz Arbeit Unterstützung zu benötigen, kann sich negativ auswirken

Wie lässt sich dann erklären, dass es offenbar einen Unterschied macht, ob eine Person zusätzlich zur eigenen Erwerbsarbeit auf Hartz IV angewiesen ist oder nicht? Zu vermuten ist, dass nicht jeder Job die oben genannten Vorteile bietet. Tätigkeiten, die nicht existenzsichernd sind, werden von den Beschäftigten häufig als weniger sinnstiftend erlebt. Zudem können sie mit viel Druck und Stress einhergehen. Obwohl die Betroffenen arbeiten, empfinden sie es oftmals als frustrierend, nicht genug zu verdienen, um sich ihre Wünsche erfüllen zu können – etwa ins Kino gehen oder in den Urlaub fahren. Das Wissen darüber, sich trotz Arbeit bestimmte Dinge nicht leisten zu können, kann zu Stress führen und sich negativ auf den Gesundheitszustand auswirken. Auch wenn sich die Aufstocker gesünder fühlen als Arbeitslose, erreichen sie dennoch nicht das Niveau von Erwerbstätigen, die keine zusätzlichen Hartz-IV-Leistungen beziehen. Es bleibt also weiterhin eine wichtige Aufgabe, Beschäftigungsverhältnisse zu fördern, von denen man leben kann.

Frauen schätzen ihren Gesundheitszustand anders ein als Männer

Wie aus der Abbildung hervorgeht, sind bei der Beurteilung der eigenen Gesundheit auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu erkennen. Besonders auffällig ist, dass sowohl arbeitslose als auch erwerbstätige Frauen ihre Gesundheit als leicht besser einschätzen als Männer. In der Gruppe der Aufstocker hingegen sind Frauen weniger mit ihrem Gesundheitszustand zufrieden als Männer. Hierfür sind ebenfalls verschiedene Erklärungen denkbar. Möglicherweise empfinden Männer allein das Vorhandensein eines festen Arbeitsplatzes subjektiv besser als Frauen – selbst wenn der Lohn nicht so hoch ist. Es mag aber auch daran liegen, dass Frauen häufig unter einer besonderen Belastung stehen, wenn sie gleichzeitig noch Kinder zu betreuen haben. Denn viele Aufstockerinnen sind alleinerziehend.

Ausführlichere Ergebnisse zu diesem Projekt finden Sie im folgenden Aufsatz:

Eggs, Johannes; Trappmann, Mark; Unger, Stefanie (2014): Grundsicherungsempfänger und Erwerbstätige im Vergleich: ALG-II-Bezieher schätzen ihre Gesundheit schlechter ein. IAB-Kurzbericht Nr. 23.