Das Bruttoinlandsprodukt stieg im ersten Quartal 2022 preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Der Krieg in der Ukraine, Lieferengpässe und Preiserhöhungen belasten die wirtschaftliche Entwicklung. Handel und Dienstleistungen profitieren hingegen vom Ende der coronabedingten Einschränkungen. Die Lage der Unternehmen hat sich im Mai verbessert. Auch die Erholung am Arbeitsmarkt setzt sich fort, wenn auch etwas verlangsamt. Die Entwicklung der nächsten Monate bleibt mit hohen Unsicherheiten verbunden.

Weltwirtschaft

Das weltwirtschaftliche Umfeld hat sich durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine deutlich verschlechtert. Der Handel Russlands mit dem Westen ist eingebrochen. Sanktionen, ausbleibende Lieferungen und Preissteigerungen, wie beim Gas und anderen Rohstoffen, beschränken die wirtschaftlichen Aktivitäten. Verschärft werden Lieferengpässe weiterhin durch den Stau von Containerschiffen vor Shanghai. Die Einschätzung der aktuellen Lage im Euroraum, in China und in den USA hat sich im Mai erneut verschlechtert. Während sich die Erwartungen für die nächsten sechs Monate nach dem kräftigen Einbruch im März für den Euroraum und für China etwas erholen konnten, haben sie sich für die USA weiter eingetrübt.

Außenhandel

Der deutsche Außenhandel ist mit Beginn des Krieges Ende Februar zurückgegangen. Auf Russland entfiel zwar nur ein kleiner Teil der Exporte aus Deutschland, aber die Abkühlung der Weltwirtschaft belastete den Außenhandel zusätzlich. Trotz des schwierigen Umfelds haben sich die Ausfuhren zuletzt wieder etwas erholt. So konnten die Exporte in Nicht-EU-Staaten im April gegenüber dem Vormonat um 4,1 Prozent zulegen, nachdem sie im Monat zuvor um 5,1 Prozent eingebrochen waren. Auch die Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe haben sich im Mai etwas verbessert.

Investitionen

Das Wachstum der Investitionen wurde im vergangenen Jahr insbesondere durch Lieferengpässe gebremst. Die Auftragseingänge und die Umsätze bei den Investitionsgütern gingen im März deutlich zurück. Erneute Materialengpässe, Verteuerungen von Energie und Rohstoffen und die Unsicherheit über die weitere Entwicklung in der Ukraine belasten die Investitionsdynamik. Die Einschätzung der Lage der Investitionsgüterproduzenten bleibt im Mai gegenüber dem Vormonat unverändert. Ihre Erwartungen für die kommenden Monate haben sich aber kräftig erholt und sind wieder im positiven Bereich. Im Bauhauptgewerbe sind die Auftragseingänge im März deutlich angestiegen. Die Erwartungen der Betriebe dort haben sich im Mai verbessert, bleiben aber noch deutlich im negativen Bereich.

Konsum

Der Konsum hat sich durch den Wegfall der coronabedingten Einschränkungen weiter belebt. Im Gastgewerbe etwa stiegen im März die Umsätze saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 6,2 Prozent, haben aber noch nicht das Niveau vor der Pandemie erreicht. Die Geschäftslage im Handel hat sich im Mai wieder verbessert. Die Erwartungen für die nächsten Monate im Handel haben sich nach dem kräftigen Rückgang im März etwas erholt, bleiben aber deutlich im negativen Bereich. Nachdem das Konsumklima sich in den vergangenen beiden Monaten erheblich eingetrübt hat, konnte es sich im Mai stabilisieren. Da während der Pandemie mehr gespart wurde, wären beim Konsum zwar in den nächsten Monaten Nachholeffekte denkbar. Die teilweise kräftigen Preissteigerungen schwächen aber die Kaufkraft wieder.

Arbeitsmarkt

Die Erholung am Arbeitsmarkt hat sich verlangsamt, setzt sich aber fort. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung legte im März erneut zu. Die Arbeitslosigkeit geht im Mai etwas zurück. Auch die Unterbeschäftigung, die unter anderem auch Personen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen umfasst, sinkt weiter. Der Bestand an gemeldeten offenen Stellen steigt abermals auf einen neuen Höchstwert. Auch die Zahl der neu gemeldeten offenen Stellen nimmt leicht zu. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer sinkt etwas, liegt jedoch bei einem sehr positiven Wert von 105,5 Punkten. In den nächsten Monaten ist von einer weiter steigenden Beschäftigung auszugehen.

doi: 10.48720/IAB.FOO.20220531.01

Gartner, Hermann; Weber, Enzo (2022): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Mai 2022, In: IAB-Forum 31. Mai 2022, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-mai-2022/, Abrufdatum: 17. April 2024