Das IAB hat vor kurzem sein Datenangebot um einen neuen und öffentlich zugänglichen Datensatz erweitert: das IAB-Berufepanel. Mit seinen differenzierten berufsspezifischen Informationen bietet es ganz neue Analysemöglichkeiten, wie die IAB-Forscher Markus Janser und Florian Lehmer, die „Väter“ des Datensatzes, im Interview für das IAB-Forum deutlich machen.

Herr Janser, Herr Lehmer, was ist das Besondere am neuen IAB-Berufepanel?

Markus Janser: Wir stellen damit umfangreiche Daten zu Beschäftigten auf beruflicher Ebene zur Verfügung, ergänzt um neue Tools, die wir im IAB entwickelt haben. Mit dem IAB-Berufepanel lässt sich relativ einfach und schnell die Entwicklung der Berufe in Deutschland in den letzten Jahren betrachten. Weil wir auch neue Informationen zu den Eigenschaften der Berufe in dem Datensatz haben, lässt sich mit dem Panel zum Beispiel analysieren, warum manche Berufe wachsen und andere verschwinden.

Dr. Florian Lehmer (links) ist Mitarbeiter der Forschungsgruppe „Berufe in der Transformation“, Dr. Markus Janser (rechts) arbeitet im Forschungsbereich „Regionale Arbeitsmärkte“ am IAB.

Woher stammen die Daten?

Florian Lehmer: Zum einen stammen die Daten aus der IAB-Beschäftigungshistorik. Sie enthält alle Meldungen zur Sozialversicherung, die Arbeitgeber für ihre sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten abgeben müssen. Wir finden darin also tagesgenaue Informationen zu den Beschäftigten beispielsweise zu Alter, Qualifikation und Geschlecht, aber auch zur Tätigkeit und Entlohnung. Zum anderen haben wir Berufsinformationen aus anderen IAB-Projekten hinzugefügt. Dazu gehört zum Beispiel das Substitutierbarkeitspotenzial. Dieser vom IAB entwickelte Indikator gibt an, in welchem Ausmaß ein Beruf gegenwärtig potenziell durch den Einsatz von Computern oder computergesteuerten Maschinen ersetzbar ist.

Auch ein von uns entwickelter Digital Tools Index ist im Berufepanel enthalten. Dieser neuartige Indikator enthält detaillierte Informationen über den Grad der Digitalisierung der von den Beschäftigten genutzten Arbeitsmittel. Beide Indikatoren basieren auf dem BERUFENET der Bundesagentur für Arbeit.

Welche Forschungsfragen lassen sich mit diesen Daten zum Beispiel beantworten?

Markus Janser: Es lässt sich beispielsweise beantworten, ob es in den letzten Jahren zu einer Polarisierung der Beschäftigung auf beruflicher Ebene gekommen ist. Polarisierung meint, dass Berufe mit mittlerem Lohnniveau weniger stark gewachsen sind als Berufe mit niedrigem oder hohem Lohnniveau. Dies bestätigt sich mit den Daten tatsächlich so.

Florian Lehmer: Wir können mithilfe des Panels auch untersuchen, welche Faktoren einen Einfluss darauf haben, warum manche Berufe Beschäftigte gewinnen, während andere Berufe sie verlieren. Man sieht dann, dass solche Berufe deutlich stärker schrumpfen, in denen viele Ältere beschäftigt sind. Aber auch die Digitalisierung ist ein Faktor, der die Entwicklung von Berufen beeinflusst. Wenn viele Tätigkeiten in einem Beruf durch Maschinen ersetzbar sind, wirkt das ebenfalls dämpfend auf das Beschäftigungswachstum.

Wie kann man sich die Arbeit vorstellen, die Sie in die Erstellung dieses Datensatzes gesteckt haben?

Markus Janser: Wir haben zuerst die Beschäftigtenhistorik der Jahre 2012 bis 2018 aufbereitet und dann die Daten jeweils zu einem Stichtag Mitte des Jahres auf Berufsebene zusammengefasst. Die Daten haben wir auf der Ebene der Berufsgruppen aggregiert. Bei den Anforderungen an die jeweilige Tätigkeit haben wir uns nach der Klassifikation der Berufe 2010 gerichtet. Diese Zeitreihe mit den Berufsinformationen aus früheren IAB-Projekten zusammenzuführen, das hat unserem Team ebenfalls viele Stunden Arbeit gekostet. Wichtig dabei war für uns natürlich, dass aus den Daten keinerlei Rückschlüsse auf Personen getroffen werden können. Daher enthält der Datensatz aus Datenschutzgründen nur Informationen über Berufsgruppen, die 2012 mehr als 100 Personen umfassten.

Warum ist es Ihnen ein Anliegen, das IAB-Berufepanel öffentlich zugänglich zu machen?

Florian Lehmer: Wir wollen damit einen Beitrag zum Prinzip „Open Data“ leisten. Daten, die frei nutzbar sind, sorgen für mehr Transparenz und offenen Austausch in der Forschung. Damit führen sie zu neuen Erkenntnissen, die uns am Ende alle weiterbringen. Das IAB-Berufepanel ist deshalb so wertvoll, weil sich die Entwicklung der Berufe in Deutschland in den letzten Jahren damit besonders einfach und schnell betrachten und analysieren lässt. Indem wir das IAB-Berufepanel öffentlich bereitstellen, wollen wir dies allen Interessierten ermöglichen.

Ist die Arbeit mit diesem Datensatz auch für die Praxis interessant?

Markus Janser: In erster Linie haben wir mit dem IAB-Berufepanel schon die Forschung im Blick. Dadurch, dass die Daten aber auch im CSV-Format frei zugänglich sind und der Datensatz einfach strukturiert ist, können sich auch alle anderen interessierten Personen einen direkten Einblick in die Daten verschaffen.

 

Weitere Informationen zum neuen IAB-Berufepanel 2012-2018 (KldB 2010, 3-Steller plus 5. Stelle) und den Datensatz zum Download finden Sie auf der IAB-Website.

Literatur

Grienberger, Katharina; Janser, Markus; Lehmer, Florian (2022). The Occupational Panel for Germany.  In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Jg. online first, S. 1-14.

Hausmann, Ann-Christin; Zucco, Aline; Kleinert, Corinna (2015): Berufspanel für Westdeutschland 1976-2010 (OccPan). Dokumentation zur Erstellung und Anonymisierung. FDZ-Methodenreport Nr. 9 (de)

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20230322.01