Die Ausbreitung des neuen Corona-Virus wird die Konjunktur in Deutschland dämpfen. Die Unsicherheit über die damit verbundenen Folgen ist derzeit erheblich. Größere Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind gleichwohl unwahrscheinlich.

Die Ausbreitung des neuen Corona-Virus wird wirtschaftlich negative Folgen haben. Schon jetzt sind Lieferketten aufgrund von Produktions- und Handelseinschränkungen beeinträchtigt. Auch eine schwächere Nachfrage beispielsweise im Exportsektor könnte die deutsche Wirtschaft zunehmend treffen. Wenn die Unsicherheit über die weitere Entwicklung weiter wächst, könnte zum Beispiel weniger investiert werden. Wirtschaftstätigkeit etwa im Mobilitätsbereich, die für die Ausbreitung des Virus kritisch ist, könnte unmittelbar betroffen sein. So ist denkbar, dass Fluggesellschaften die Zahl ihrer Auslandsflüge herunterschrauben müssen oder Veranstaltungen abgesagt werden. Wirtschaftliche Probleme könnten in der Folge auch Finanzierungsprobleme verursachen, etwa wenn Aufträge wegen stockender Lieferungen von Zwischenprodukten nicht erfüllt werden können.

Einzelne Unternehmen dürften die Auswirkungen auf jeden Fall spüren. Gesamtwirtschaftlich relevant werden die Folgen, falls Unsicherheit und Eindämmungsmaßnahmen in der Weltwirtschaft systemisch wirken. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn die weitere Ausbreitung des Virus gleichzeitig in mehreren großen Handelsnationen zu starken Rückgängen in der Produktion, zu Einschränkungen im Außenhandel und damit zu Behinderungen der Lieferketten sowie zu einem Nachfragerückgang führen würde. Die Auswirkungen auf Real- und Finanzwirtschaft wären dann weltweit zu spüren – mit der Gefahr, dass sich diese gegenseitig verstärken.

Je nach der Intensität derartiger Effekte wäre in Deutschland für das laufende Jahr eine Schwächung des Wirtschaftswachstums im Bereich von einigen Zehntel Prozentpunkten denkbar. Andererseits ist es wahrscheinlich, dass es zu wirtschaftlichen Nachholeffekten kommt, wenn die Epidemie wieder abflaut. Insgesamt besteht erhebliche Unsicherheit über die weitere Entwicklung.

Dennoch dürften stärkere Auswirkungen auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit in Deutschland nach aktuellem Stand eher unwahrscheinlich sein. Denn die Arbeitsmarktentwicklung erweist sich schon seit zehn Jahren als sehr robust gegenüber konjunkturellen Schwankungen. Dies zeigen unter anderem aktuelle Analysen von Sabine Klinger und Enzo Weber. Auch die Ausbreitung eines Virus hätte einen solchen vorübergehenden Konjunktureffekt zur Folge, der somit kaum auf den Arbeitsmarkt durchschlagen würde.

Denn statt von der Konjunktur wird der Aufwärtstrend der Beschäftigung vor allem von Faktoren wie dem Wachstum des Dienstleistungsbereichs, etwa bei Gesundheit, Pflege, Erziehung und Unternehmensdienstleistern, sowie der gestiegenen Knappheit von Arbeitskräften gestützt. Letztere führt dazu, dass Betriebe sich Beschäftigte oft auch unabhängig von der aktuellen konjunkturellen Lage sichern. Dies lässt sich am deutlich gesunkenen Entlassungsrisiko ablesen, welches derzeit auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung liegt.

Gerade in vielen Berufen im Verarbeitenden Gewerbe, das von Handelsbeeinträchtigungen stark betroffen ist, sind Arbeitskräfte knapp. Denkbar sind indes Auswirkungen auf die Beschäftigung in der Zeitarbeit, die Betriebe häufig als Puffer für konjunkturelle Schwankungen nutzen.

Wahrscheinlicher als ein Rückgang der Beschäftigung ist ein Rückgang der geleisteten Arbeitsstunden. Dieser wäre allein schon bei einem erhöhten Krankenstand gegeben. Beschäftigte könnten außerdem ausfallen, wenn Schulen und Kitas zeitweise geschlossen würden und die Kinderbetreuung anderweitig sichergestellt werden muss. Die Arbeitszeit in den betroffenen Einrichtungen sänke ohnehin, ebenso wie in anderen Betrieben, wenn diese zur Eindämmung des Virus vorübergehend die Arbeit einstellen müssten. Andererseits besteht in vielen Branchen mittlerweile die Möglichkeit, auf Heimarbeit auszuweichen.

Um auf schwächere Nachfrage oder Lieferausfälle zu reagieren, könnten Betriebe Guthaben auf Arbeitszeitkonten abbauen oder Kurzarbeit anmelden. Derartige Maßnahmen haben schon in der Wirtschaftskrise 2008/2009 geholfen, die Auswirkungen größerer realwirtschaftlicher Verwerfungen auf den deutschen Arbeitsmarkt einzudämmen.

Der durch diese Faktoren zu erwartende Rückgang der geleisteten Arbeitsstunden würde die Wirtschaftstätigkeit vorübergehend in Mitleidenschaft ziehen. Für die weitere Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts dürften die Folgen jedoch aus heutiger Sicht begrenzt bleiben.

Literatur

Klinger, Sabine; Weber, Enzo (2019): Knappheit treibt Beschäftigungswachstum. Ökonomenstimme, 08.05.2019.

 

Weber, Enzo (2020): Corona-Virus: Konjunktur schwächer, Arbeitsmarkt voraussichtlich robust, In: IAB-Forum 9. März 2020, https://www.iab-forum.de/corona-virus-konjunktur-schwaecher-arbeitsmarkt-voraussichtlich-robust/, Abrufdatum: 23. April 2024